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Dokumentation:

Die Congo-Konferenz in Berlin;

französich-chinesischer Krieg

Freiburger Zeitung, 23.10.1884, 1. Blatt, 1. Seite

Freiburg, den 18. October. Der Wochenchronist kann diesmal seine Umschau auf dem Gebiete der auswärtigen Politik sparen, da hier kein Ereigniß von Wichtigkeit vorliegt. Die vielbesprochene Congocconferenz, die für die nächste Zeit in Aussicht genommen ist und die über ein immenses, bis jetzt herrenloses Ländergebiet in Afrika verfügen soll, ist auf Antrag Englands verschoben worden. Die Conferenz wird sich vorzugsweise mit der Frage befassen, unter welchen Voraussetzungen die Besitzergreifung von Theilen des genannten Gebietes als rechtmäßig geschehen zu betrachten sein soll. Sehr erfreulich gestalten sich die Beziehungen Deutschlands zu Frankreich. Die radicale französische Presse kann es sich nicht versagen, den durchaus friedfertigen Intentionen der deutschen Politik mit Mißtrauen zu begegnen, während die gesammte deutsche und die besonnene französische Presse die neue Situation mit Genugtuung begrüßt. Im Innern des Reichs beherrschen die Wahlen das allgemeine Interesse. Die Wahlbewegung dürfte morgen den Culminationspunct erreichen. Bei uns, in Baden ist die Agitation der Parteien zwar eine sehr rührige, doch ist es dem maßvollen, rein sachlichen Gebahren der liberalen Presse bis jetzt gelungen, jeden Wahlscandal hintanzuhalten. Das gesteigerte Vertrauen in die liberale Sache, das sich allgemeine in unserem Lande zu erkennen gibt, überhebt die Presse unserer Partei der Nothwendigkeit, die Lärmtrommel zu rühren.

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Deutschland. Berlin, 16. Oct. Der Zusammentritt der Congoconferenz findet Anfangs November statt. Auch Portugal hat inzwischen die Einladung der Conferenz angenommen. Die Einladung an die Vereinigten Staaten wird dieser Tage in Washington übergeben werden. Die Verhandlungen mit England dauern fort. Die an der Conferenz nicht direct interessierten Großmächte Italien, Rußland und Oesterreich sind, wie die direct interessierten, ebenfalls schon zum Beginn der Conferenzverhandlungen einzuladen. Die internationale Afrikanische Gesellschaft wird nicht vertreten sein. Berlin, 16. Oct. Wie man hört, wird der Handelsvertrag zwischen Deutschland und Griechenland in Athen unterzeichnet werden, wo zuletzt die Verhandlungen geführt wurden. Der Vertrag wird nunmehr den zu Ende…

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Frankreich. Paris, 16. Oct. „Temps“ und andere Journale fordern die Regierung auf, die jüngsten Siege der französischen Truppen möglichst auszunützen und, wenn erforderlich, neue Truppensendungen nach dem Kriegsschauplatz zuschicken. China soll gezwungen werden, um den Frieden zu bitten. Einem Telegramm der „Agence Havas“ aus Hanoi zufolge scheinen neue chinesische Armeen in Tonking eingedrungen zu sein. – In der Budgetcommission erklärte Ferry jede weitere Herabsetzung des Kriegs- und Marinebudgets für unmöglich und unterstüzte Tirard’s Vorschläge. Die Commission lehnte jedoch dieselben ab. Paris, 16. Oct. Nach dem National ist ernstlich die Rede von der Ersetzung des Kriegsministers Campenon, der sich fortwährend weigert, Truppenverstärkungen nach Tonking zu schicken, die der Conseilspräsident Ferry für nöthig hält. Wie es heißt, wird General Lerval, der schon wiederholt als Campenons Nachfolger genannt wurde, mit Ballue als Unterstaatssecretär das Portefeuille des Krieges übernehmen. – In den Bureaux der Deputirtenkammer wurde heute der Ausschuß zur Prüfung des Gesetzentwurfs ber den Eingangszoll auf Vieh gewählt. Drei der gewählten Mitglieder, darunter Clemenceau, sind gegen, vier für den Entwurf; diese verlangen unter anderem aber auch Eingangszoll auf ausländische Brodfrüchte. Ein Mitglied ist für den Entwurf, aber gegen den Getreidezoll; zwei verwerfen den Entwurf, verlangen dagegen den Zoll auf ausländisches Getreide.

Großbritannien. London, 17. Oct. Nach einer Meldung der „Times“ aus Fu-Tscheu hat an der Küste von Tamfiu (Insel Formosa) ein zweites Gefecht zwischen Franzosen und Chinesen stattgefunden, wobei 3000 chinesische Soldaten getötet wurden, während der französische Verlust sehr unbedeutend war. – Die „Times“ theilt mit, daß die englische Regierung die …

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