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Dokumentation

Reichskanzler Bülow im Reichstag über Truppenentsendungen

Freiburger Zeitung, 20.1.1904 1. Blatt 1. Seite

"Politische Tagesschau. Berlin, 18. Januar. Der Reichskanzler verließ unmittelbar nach seiner Rede den Reichstagssaal. Wie in den Wandelgängen verlautete, war er durch die südwestafrikanische Frage auch noch außerhalb des Hauses in Anspruch genommen.

Deutscher Reichstag. Berlin, 18. Januar. Vor Eintritt in die Tagesordnung erklärte der Reichskanzler Graf Bülow: 'Ich betrachte es als Ehrenpflicht, dem Reichstag über die Ereignisse in Südwestafrika und über die getroffenen Maßnahmen Mitteilung zu machen. Der Herero-Aufstand ist ganz unerwartet ausgebrochen. Die ersten Nachrichten über die Möglichkeit der Erhebung erhielten wir vor 8 Tagen. Die weiteren sämtlich sofort veröffentlichten Telegramme ließen leider keinen Zweifel mehr an dem Ernst der Lage. Die Früchte jahrzehntelanger Arbeit sind im Aufstandsgebiet vernichtet worden. Der Aufstand brach zu einer Zeit aus, wo der Gouverneur mit dem Gros der Schutztruppen sich im Süden der Schutzgebiete befand und 30 Tagesmärsche vom Schauplatz der Katastrophe entfernt war. Okahandja, Otjimbingue, Karibib und Windhuk sind schwer bedroht. Gleich die ersten Nachrichten ließen eine ansehnliche Verstärkung der Schutztruppe als notwendig erscheinen. Infolgedessen wurde die Entsendung von 500 Mann mit 6 Maschinengewehren und 6 Maschinenkanonen vorbereitet. Die Zustimmung des Reichstages wird durch eine Vorlage erbeten, die ich nach bereits erfolgter Genehmigung des Bundesrats dem Präsidenten hier übergebe. Die erwähnten Truppen können nicht vor dem 30. d. M. und dem 5. Februar die Ausreise antreten. Die seit Samstag eingetroffenen Nachrichten machten sofortige weitere Maßnahmen notwendig. Deshalb wurden gestern Vorbereitungen getroffen, um 500 Marineinfanteristen nebst einigen Geschützen und einem Eisenbahnpionierdetachement nach Swakopmund zu schaffen. Diese Truppen gehen Donnerstag Nacht in See auf einem Lloyddampfer, der am 8. Februar in Swakopmund eintrifft. Für die noch nicht übersehbaren Kosten wird die nachträgliche Genehmigung des Reichstags nachgesucht. Der bereits unterwegs befindliche Ablösungstransport von 230 Mann, der am 3. in Swakopmund fällig ist, wird bis zu ihrem Eintreffen einige Unterstützung gebracht haben. Außerdem trifft heute der Kreuzer Habicht in Swakopmund ein. Die geplanten Maßnahmen sind das Mindestmaß des Erforderlichen. Die Vorgänge der letzten Tage, die Hilferufe unserer Landsleute werden, so hoffen die Bundesregierungen, das deutsche Volk und seine Vertreter einmütig finden in dem sofortigen Schutz der Bedrängten zur Verteidigung der Ehre unserer Fahnen.' (Lebhafter Beifall.) Präsident Graf Ballestrem teilt mit, daß die Vorlage heute noch an die Abgeordneten zur Verteilung kommen werde."

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Freiburger Zeitung, 20.1.1904, 1. Blatt, 3. Seite

"Neuestes und Telegramme. Freiwillige vor! Berlin, 19. Januar. Beim Appell zur Aufstellung Freiwilliger für die südafrikanische Expedition bei der zweiten Matrosen-Division in Wilhelmshaven meldete sich die ganze Division (1000 Mann). Zur Unterstützung des Expeditions-Korps nach Deutsch-Südwestafrika entsendet die Marine den großen Kreuzer Prinz Heinrich und den Kreuzer Medusa. Der Marine-Infanterie wird sich das Sanitätspersonal der ersten Matrosen-Werft-Division anschließen. Der Dampfer Adolf Woermann wurde vom Auswärtigen Amt für den Truppentransport gechartert, dessen Ausfahrt nach Swakopmund Ende dieses Monats erfolgen soll. Zwei weitere Woermann-Dampfer sind für den gleichen Zweck in Aussicht genommen. Der Nachtragsetat für Südwestafrika fordert 2,821,000 Mark.

Nach Südwestafrika! Bremen, 18. Januar. Der vom Reichsmarineamt zur Beförderung der mobil gemachten Marinetruppen nach Südwestafrika gecharterte Dampfer des Norddeutschen Lloyd ist der Dampfer Darmstadt. Er geht von dort am Mittwoch nach Wilhelmshaven, um die Truppen an Bord zu nehmen."

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