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Dokumentation

Deutsch-Südwestafrika: Verlustmeldungen, Truppentransporte, Kämpfe bei Okahandja

Freiburger Zeitung, 06.02.1904 1. Blatt, 1. Seite

Unruhen in Deutsch-Südwestafrika. Die gestern von uns erwähnte telegraphische Meldung des Kommandanten des Habicht aus Swapokmund lautet wörtlich: Windhuk und Okahandja sind durch die Kompagnie Franke mit zwei Geschützen entsetzt worden, letzterer Ort an Kaisers Geburtstag ohne Verluste. Am 28. Januar wurde nach sechsstündigem Gefecht das Hauptlager des Feindes am Kaiser Wilhelmberg bei Okahandja gestürmt, wobei es vier Verwundete gab. Es fand ein allgemeiner Rückzug des Feindes mit allem erbeuteten Vieh in die Otjtsangatiberge statt. Der Feind verwüstete sämtliche Farmen und Bahnhöfe im Distrikt Windhuk und Okahandja und teilweise auch Distrikt Karibib, desgleichen die Kaserne der Gebirgsbatterie in Johann Albrechtshöhe. Die bisher bestätigten Verluste sind: Ermordet und meist verstümmelt 44 Ansiedler, Frauen und Kinder, gefallen 26, außerdem voraussichtlich 50 tot. Gobadid [Gobabis] ist seit dem 16. Januar belagert. Der Marsch auf Omaruru wird morgen angetreten. Leutwein ist in zwei Tagen mit dem Dampfer hier zu erwarten. Oberleutnant Winkler ist hier eingetroffen. Winkler ist Transportführer des ersten Schutztruppentransportes mit dem Dampfer Ernst Wörmann.

Über Okahandja sei bei dieser Gelegenheit bemerkt, daß sich dort seinerzeit (1896) der Schlußakt des Aufstandes der Ostherero und Ovambandjerus abspielte. Im östlichen Turm, so berichtete die Welt-Korr., saß der aufrührerische Häuptling Nikodemus als Gefangener, im Hofe der Veste fand das Kriegsgericht über ihn, seinen Komplizen Kahimenua und Großleute statt und hinter dem letzten Hause in Okahandja wurden beide Anführer am 12. Juni standrechtlich erschossen. Damals betrank sich Samuel Maharero vor Freude, als sein alter, grimmiger Feind und Nebenbuhler um die Oberhäuptlingswürde, Nikodemus unter den Kugeln unserer Soldaten den schwersten Irrtum seines Lebens, die Weißen im Lande mit einem Schlage vernichten zu können, bereuen lernte; in Absehbarer Zeit könnte er vielleicht seinen Fehler, von der deutschen Sache abgewichen zu sein, ebenso zu bereuen haben.

Die Kaiser ordnete an, daß für den gegenwärtigen mobilen Zustand für das Marine-Expeditionskorps für Südwestafrika und für das Kanonenboot Habicht das Kriegsgeldverpflegungsreglement in Kraft tritt und daß mit Bestimmung des Reichsschatzsekretärs durch Zulagen das Einkommen der Angehörigen des Marineexpeditionskorps auf die ungefähre Höhe des Einkommens der Festangestellten bei der Schutztruppe gebracht werden darf.

Die als ermordet gemeldeten Weißen Tausenfreund und Pilet wohnten, wie die Voss. Ztg. zu berichten weiß, ersterer in Otjizewa, letzterer etwa vier Stunden östlich von Windhuk bei Farm Hoffnung, der Siedlungsgesellschaft gehörig. Die beiden Familien abzuschlachten war leicht, da diese ohne Zweifel ebenso durch den Aufstand der Herero überrascht wurden, wie die Regierung und jeder Bewohner der Kolonie überhaupt; die Ansiedler Engbarth, Stüber und Korzcarski sind ehemalige Schutztrüppler und handelten nun mit den Eingeborenen im Felde, waren also auch einer gegen hundert. Der gefallene Leutnant d. R. Boysen ist der Sohn des Kaufmanns D. Boysen, der sich z. Zt. auf Urlaub in Deutschland befindet, Rudolf betrieb das Maurerhandwerk in Windhuk und Gerwinski war Schreiber beim Gouvernement. Der Farmer Zülot ist aus Achkarren am Kaiserstuhl gebürtig; er war seit 1892 in Südwestafrika als Farmer ansässig; vorher hatte er seiner Wehrpflicht in einem badischen Regiment genügt. Fackert war bei der Eisenbahn, Pasch und Weiß waren aktive Militärpersonen, gleich den Vorhergenannten zum Feldzug einberufene Reserve- und Landwehrleute, die mit Ausnahme Boysens 1893-94 die Kämpfe gegen Witboi, 1896 den Aufstand der Herero (Nikodemus-Leute und Ovambandjerus) mitgemacht haben und nun im Kampfe für Haus und Herd geblieben sind. Pilet, Farmer in Frauenstein, ist Magdeburger Kind und seit etwa sechs Jahren Farmer, Tausenfreund war Zivilpolizist, der seine Familie erst im Juli v. J. nachkommen ließ; letztere strandete mit dem Dampfer Lulu Bohlen an der Liberiaküste im Juni v. J.

Aus Hamburg wird berichtet: Der Dampfer Lucie Wörmann, der am Samstag mit dem weiteren Truppentransport nach Südwestafrika mit dem Oberst Dürr und einem Stab von 9 Offizieren in See geht, wird auch 16 für die Offiziere bestimmte Pferde mitnehmen, für welche auf dem Achterdeck des Schiffes Stallungen eingerichtet sind. Zur Ergänzung der Artillerieausrüstung nimmt der Dampfer mehrere Geschütze sowie zur Herstellung bzw. Ergänzung der Eisenbahnen in Südwestafrika vier Zwillingslokomotiven nebst Tendern an Bord.“

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Freiburger Zeitung, 06.02.1904 1. Blatt, 3. Seite

„Neuestes und Telegramme. Aus Deutsch-Südwestafrika. Hamburg, 5. Februar. Eine englische Reederei hatte Dampfer zum Dienst nach Südafrika zur Verfügung gestellt. Das Anerbieten wurde von der deutschen Regierung dankend abgelehnt mit dem Bemerken, daß der Regierung eine genügende Anzahl deutscher Dampfer zur Verfügung ständen. Berlin, 5. Februar. Die Koloniale Zeitschrift erhielt ein Privattelegramm aus Windhuk, daß dem Aufstande drei weitere deutsche Ansiedler zum Opfer gefallen sind. Außerdem sollen 10 Personen getötet sein, darunter eine Frau und 2 Kinder. Braunschweig, 4. Februar. Aus einem den Neuesten Nachrichten zur Verfügung gestellten Telegramm des Kaufmanns Voigt, aufgegeben in Windhuk am 3. Febr., 4 Uhr 30 Min. nachmittags, welches das Wohlbefinden der in Okahandja eingeschlossenen Familiemitglieder meldet, geht hervor, daß die Verbindung zwischen Okahandja und Windhuk vollkommen wiederhergestellt ist.“

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