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Dokumentation

DSWA: Vorrücken des Marine-Expeditionskorps ins Landesinnere, Spekulationen über Ausmaß des Aufstandes, keine Verbindung nach Otavi, Forderung der FrZ, die Hereros "völlig niederzubrechen"

Freiburger Zeitung, 16.02.1904, 1. Blatt, 1. Seite

Zum Herero-Aufstand schreibt die Köln. Ztg.: Das Marine-Expeditionskorps, das auf der Darmstadt am 9. ds. in Swakopmund eingetroffen ist, hat unverzüglich den Vormarsch ins Innere angetreten. Unter der Führung des zur Schutztruppe Versetzten Majors v. Estorff, der als alter Afrikaner mit den Landesverhältnissen vertraut ist, rückt die Kompagnie Häring mit zwei Maschinenkanonen bis Karibib, die Eisenbahn benutzend, nach Omaruru vor, um von hier aus mit der 4. Kompagnie in Outjo Fühlung zu gewinnen. Die in Omaruru stehende berittene Schutztruppenkompagnie Franke wird alsdann für einen Vorstoß nach dem 150 Klm weiter nach Nordosten gelegenen Waterberg frei. Ueber die Vorgänge, die sich hier im Norden des Hererogebietes abgespielt haben, herrscht noch ziemliche Unklarheit. Zu Beginn des Aufstandes durfte man glauben, daß die Kapitänschaft Kambazembis in Waterberg ruhig geblieben war. Aus den Meldungen über die Ermordung des Legationsrats Höpner und des Landwirtschaftlichen Beirats des Gouvernements und der Privatnachricht über ein Gefecht, das die in Outjo stehende Schutztruppenabteilung in Etanena [hier ist wohl Etaneno gemeint] (60 Kl m. Südlich von Outjo) zu bestehen gehabt habe, scheint aber hervorzugehen, daß sich alle Herero-Stämme erhoben haben. Eine Meldung behauptete sogar, wie erinnerlich, daß Waterberg der Ausgangspunkt des Aufstandes gewesen sei. Der Kompagnie Franke fällt also die Aufgabe zu, hier Klarheit zu schaffen und nötigenfalls Waterberg zu besetzen. Der Rest des Expeditionskorps geht in zwei Transporten unter der Führung des Majors v. Glasenapp mit der Bahn bis Windhuk, um von hier aus in Gemeinschaft mit der Ersatzkompagnie der Schutztruppe unter Oberleutnant v. Winkler das 200 Kilometer weiter nach Osten gelegene Gobabis zu befreien und dann die Grenze gegen Britisch-Betschuanaland zu sperren.

Die Kölnische Zeitung meldet ferner aus Berlin: Nach hier vorliegenden Nachrichten scheint das Zentrum des Herero-Aufstandes in der Gegend von Waterberg zu liegen und auch von dort ausgegangen zu sein. Irgendwelche Verbindung mit den Gegenden nördlich von Waterberg hat trotz aller Anstrengungen bisher nicht hergestellt werden können, auch sind von Norden her weder nach Süden noch nach der Küste irgendwelche Nachrichten gelangt, obwohl es selbstverständlich ist, daß man von Otavi und Umgebung alles versucht haben wird, um Nachrichten an die Behörden gelangen zu lassen. Es wird angenommen, daß diejenigen Deutschen, die sich bei Ausbruch des Aufstandes nördlich von Waterberg befanden, nicht getötet wurden, sondern nach Otavi zu geflüchtet sind und sich dort aufhalten, daß aber Boten aus diesem Gebiet nicht durch das aufständische Gebiet hindurch konnten.

Laut Schwäb. Merkur ist Leutnant Freiherr v. Woellwarth von der Schutztruppe in Südwestafrika in Omaruru den Verletzungen, die er bei einem Gefecht mit den Hereros erhielt, erlegen.

Die Deutsche Ztg. erhält folgendes Telegramm: Köln, 13. Februar. Obgleich die amtliche Bestätigung noch nicht eingetroffen ist, scheint sich dennoch die Nachricht, daß der Redakteur der Kölnischen Zeitung, Müllendorf, der gegenwärtig die Aufstandsgebiete bereist, von Hereros ermordet sein könnte, zu bestätigen. Seit zwei Monaten hat der Vermißte keinerlei Nachricht an seine hier wohnende Familie gelangen lassen. Desgleichen hört man nichts von Dr. Gerber, der sich in Begleitung Müllendorfs befand. Die Ermordung des Kaufmanns Dickmann aus Melle bei Osnabrück nebst Frau und Kind wird durch inzwischen eingetroffene Nachrichten bestätigt. Die Deutsche Ztg. fügt dazu folgendes Urteil: Laut den neusten Nachrichten sind die Hereros sämtlich auf dem Rückzuge, aber mit allem erbeuteten Vieh! Wer afrikanische Verhältnisse kennt, weiß, daß dies soviel heißt, als ‚Wir Hereros sind Sieger, wir haben nach Herzenslust gesengt, gebrannt, gemordet, gefoltert und Beute gemacht und gehen nun mit unserer Beute heim, weil es der Feinde mittlerweile zu viele geworden sind.’

Und die Kölnische Zeitung, das Sprachrohr unserer Regierung, meint nun, den Ansiedlern solle das geraubte Vieh durch Geldsammlungen im Mutterland wieder verschafft werden. Das ist doch wahrhaftig um an den Wänden hinaufzulaufen!! . . Die verschiedenen Körperschaften, die einen Aufruf zu Sammlungen erlassen haben, sollten allerdings bei unserem Volke ein weites Echo finden, aber nicht das Echo, das die Kölnische Zeitung meint, sondern dies: Keinen Heller aus unseren Taschen, sondern Ersatz mit Zins und Zinseszins aus den Beständen der Hereros, die zu dem Ende völlig eingekreist und völlig niedergebrochen werden müssen.“

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