logo

Dokumentation:

"Die Kosten der Schutztruppe in Südwestafrika"

Freiburger Zeitung, 09.01.1907, 1. Blatt, 3. Seite

Neuestes und Telegramme. Die Kosten der Schutztruppe. Berlin, 8. Januar. Die Nordd. Allgem. Ztg. tritt in einem längeren Artikel der Behauptung entgegen in der bekannten Broschüre Erzbergers, daß Ersparnisse von 33 000 Mk. erzielbar seien, wenn von den 8000 Mann der Schutztruppe in Südwestafrika 5500 Mann in Polizeitruppen verwandelt würden, und erteilt dann auf die Frage der Köln. Volkztg., warum für Südwestafrika keine Polizeitruppe bestehe (der Polizist koste 8000 Mark jährlich, der Schutztruppenreiter fast 10 000 Mk.) die Antwort: Weil die Rechnung falsch ist. Zunächst zeigt schon die allgemeine Ueberlegung, daß bei der Niederwerfung des Aufstandes die Polizeitruppe nicht billiger sein könne als die Schutztruppe. Verpflegung, Bekleidung, Berittenmachung, Bewaffnung, Ausrüstung, Unterkunft und Krankenbehandlung müsse der Polizeitruppe in gleichem Maße geboten werden wie der Schutztruppe. Die Nordd. Allgem. Ztg. weist dann zahlenmäßig nach daß, da die Kosten für einen Polizeisergeanten (das ist der niedrigste Dienstgrad, welcher im Schutzgebiet vorhanden ist) bei der Billigkeit in Windhuk etwa 4260 Mk. betragen, sich für den Schutztruppensergeanten unter den gleichen Verhältnissen auf 3380 [?] Mk. belaufen, demgemäß ein Polizeisergeant teurer ist als ein Schutztruppensergeant und also erst recht teurer als ein Schutztruppenreiter im Frieden. Aber selbst während der kriegerischen Verhältnisse seien die Kosten für die Schutztruppe mindestens nicht wesentlich höher, als die Kosten für einen Polizeisergeanten im Frieden. Man könne aus dem Etatentwurf für 1907, der für rund 8000 Mann allerdings 88 000 Mark vorsehe, die Aufwendungen für den einzelnen Reiter nicht derart berechnen, daß man die Summe durch die Kopfstärke dividiere, denn in jenen Millionen sind die Gesamtausgaben, die der Krieg fordert, enthalten. Zur Ermittelung der wirklichen Kosten für den einzelnen Reiter müsse man die Gesamtausgaben für das Offizier-, Aerzte- und Beamtenpersonal, für die Eingeborenen, Gefangenentransporte, Artillerie, Feldgeräte, Lazarette, Pensionen, Militärrenten ua., rund 52 Millionen, ausscheiden. Dann ergeben sich für den Mann bis zum Feldwebel einschl. durchschnittlich 4500 Mark, gegenüber den Kosten eines Polizeisergeanten im Friedensverhältnis von 4260 Mark. Das beweise, wie leichtfertig von den Zentrumspublizisten die Gegenüberstellung der Kosten gemacht werden, und daß es ihnen lediglich darum zu tun sei, Wahlagitation zu treiben.

Aus der Kolonialabteilung. Berlin, 9. Januar. Einem Privattelegramm zufolge wurden die geheimen Legationsräte von König und Roose zur Disposition gestellt."

Scans der Original-Seiten auf Server der UB Freiburg: Bilddatei