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Dokumentation:

"Braucht Deutschland Kolonien? Zur deutschen Kolonialtagung in Freiburg vom 13. bis 16 Juni 1935"; "Gewaltige Anteilnahme aus aller Welt an der Freiburger Reichskolonialtagung"

Freiburger Zeitung, 12.06.1935, 2. Ausgabe, S. 2

Braucht Deutschland Kolonien?

Zur deutschen Kolonialtagung in Freiburg vom 13. bis 16. Juni 1935.

Auf die Frage, ob Deutschland Kolonien braucht, können wir Deutsche mit einem lauten und überzeugten „Ja“ antworten. Schon daß wir vor dem Kriege dreißig Jahre lang unsere Kolonien gepflegt und erhalten haben, ohne aus dem größten Teil von ihnen zunächst bedeutenden Vorteil ziehen zu können, sollte als Beweis dafür angesehen werden, daß wir sie für nötig hielten. Denn Deutschland hatte nie den Willen und die Mittel, einen kostspieligen Besitz ohne dringendes Bedürfnis nur aus Gründen allgemeinen Ansehens in der Welt zu behaupten. Aber es gibt auch andere Gründe genug, die für unsere Kolonialpolitik bestanden und noch heute bestehen. Aus ihrer großen Zahl seien heute nur zwei herausgegriffen, die allein schon genügend erscheinen, um den bestimmten Willen auf Kolonialbesitz im deutschen Volk immer weiter zu pflegen.

Der erste ist, daß wir Kolonien als Rohstoffquellen nötig haben. Gerade jetzt, wo uns der Rohstoffbezug durch unsere schlechte Devisenlage fast abgeschnitten ist, stellt sich dieses Bedürfnis als dringend heraus.

Wie leicht wäre es für uns, unsere Bedürfnisse an Baumwolle, Kautschuk, Kaffe, Kakao, Kokosnüssen, Bananen usw. zu decken, wenn wir noch unsere Kolonien besäßen. Aber auch Erbschätze gaben uns die Kolonien in zufriedenstellender Menge. Kupfer fanden wir im Grootsonteiner Gebiet hauptsächlich bei Tsumeb und Otavi, Salz in der Salzquellen des Tanguanjika-Sees, Petroleum in Duale. Darüber hinaus gab es in Deutsch-Südwest Diamanten von vorbildlicher Güte und in Deutsch-Ost wurde Gold gefördert. Die Gewinnung all dieser Güter wäre bei längerem Besitz unserer Kolonien noch erheblich zu steigern gewesen, denn sie stand überall erst im Anfang. Wenn wir heute Kolonien hätten, wäre uns aber schon durch die aufgeführten Güter viel geholfen, da sie nicht nur für den eigenen Gebrauch, sondern auch für den Tausch gegen andere notwendige Bedarfsgegenstände zur Verfügung ständen.

Das also berechtigt und schon zur lauten Geltendmachung der deutschen Wünsche als Kolonialgebiet. Aber noch größer ist unser moralischer Anspruch.

Im Friedensdiktat von Versailles heißt es, wir hätten unsere Unfähigkeit zur Kolonisierung bewiesen und uns der Verwaltung von Kolonien unwürdig gezeigt.

Mit dieser fundamentalen Lüge sind uns unsere wertvollen Kolonien entrissen worden. Man sollte nun annehmen, daß gegen die Mächte, die sich auf diese Weise zu Kritikern unserer Kolonialpolitik aufgeworfen haben, derartige Vorwürfe nicht erhoben werden könnten. Aber wie ist es damit? Die Anklagen gegen die übrigen Mächte wegen schlechter Kolonisierung sind weit begründeter als die gegen uns erhobenen. Es hat sich herausgestellt, daß einige Kolonialmächte ihren Kolonialbesitz häufig nur benützen, um Raubbau an den ihnen dort gebotenen Gütern zu betreiben, daß aber das Leben und Gedeihen der eingeborenen Bevölkerung ihnen völlig gleichgültig geblieben ist.

Dagegen brauchen wir nur an die deutschen Verdienste bei der Erforschung der Schlafkrankheit zu erinnern, um die Lüge von der Unfähigkeit zum Kolonisieren in genügender Weise zu widerlegen.

Wohin wir auch sehen, sind starke Fehler in der Kolonialpolitik gemacht worden und die Klagen über Unmenschlichkeiten in der Behandlung der eingeborenen Bevölkerung wollen kein Ende nehmen. Uns dagegen haben die Eingeborenen von Kamerun, von Deutsch-Ostafrika und von den Südsee-Inseln zu wiederholten Malen die Güte und Fürsorge unserer Kolonialverwaltung bezeugt. Schon im Jahre 1928 ist darum von der kolonialen Reichsarbeitsgemeinschaft in einer Schrift über „Wesen und Ziele der deutschen Kolonialbewegung“ gesagt worden: „In der Hauptsache setzt die planmäßige Erschließung aller Wirtschaftskräfte der Erde voraus, daß die kolonialwirtschaftlichen Fähigkeiten der Deutschen nicht durch die Lüge von Versailles von dieser Gemeinschaftsarbeit ausgeschlossen werden. Im besonderen würde die dauernde Ausschaltung der geistigen und sittlichen Werte der deutschen Kultur von den Aufgaben, die sich die kolonisierenden Völker in der kulturellen Erschließung der noch unentwickelten Länder der Erde, vor allem auf dem Gebiete des Gesundheitswesens und der Erziehung der Eingeborenen gestellt haben, eine wirkliche Lösung dieser Aufgabe verhindern und eine Verarmung der gesamten Menschheitskultur bedeuten.“

Wir wünschen dringlich Berücksichtigung unserer Forderungen und hoffen, daß endlich der Tag kommen wird, der uns wieder koloniale Besitzungen bringt, sei es vorläufig in Gestalt von Mandaten des Völkerbundes oder endgültig in Form von Eigenbesitz. Jedenfalls kann uns niemand die Berechtigung unserer dahingehenden Wünsche absprechen.

FrZ 12.6.1935

Scan der Originalseite auf Server der UB-Freiburg

Freiburger Zeitung, 12.06.1935, 2. Ausgabe, S. 5

FrZ 12.6.1935

Scan der Originalseite auf Server der UB-Freiburg

Weiter: 14.06.1935, Besprechung des Schauspiels "Deutsch-Südwest" im Stadttheater Freiburg; Vortrag "Leben und Treiben der Deutschen in unseren alten Kolonien" vor Beamtinnen des Reichsbund der Deutschen Beamten (RDB), Freiburger Zeitung, Artikel