logo

Rezension von:

Von der Bosheit im Herzen der Menschen. Hendrik Witbooi und die schwarz-weiße Geschichte Namibias

Personen Lokalpresse

cover

Salopp in die Geschichte Namibias

Mit einem schwungvollen, beinahe flapsig geschriebenen Reisebericht aus dem heutigen Namibia lädt Toubab Pippa (alias Werner Pieper) die LeserInnen ein, sein Buch Von der Bosheit im Herzen der Menschen, Hendrik Witbooi und die schwarz-weiße Geschichte Namibias mit Wohlwollen zu lesen und neue Einblicke in die Geschichte einer ehemaligen deutschen Kolonie zu gewinnen. Dazu dient ihm die Wiedergabe der Aufzeichnungen von Hendrik Witbooi, denen er seine eigene Version der namibischen Geschichte folgen lässt.

Zunächst einmal gebührt Pippa Dank dafür, dass er diese Quelle erneut zugänglich gemacht hat. Sein Umgang mit den Schriftstücken, die aus der Feder des im südwestafrikanischen Kolonialkrieg bekannt gewordenen Nama-Oberhauptes Witbooi stammen, lässt die aufmerksame Leserschaft allerdings daran zweifeln, eine rein afrikanische Sichtweise zu lesen: Zum einen sind die angekündigten Straffungen durch den Herausgeber nicht kenntlich gemacht und seine Kriterien für die Auswahl der dokumentierten Briefe und Tagebucheinträge bleiben im Dunkeln. Zum anderen fehlt eine Bewertung der zu Grunde liegenden Übersetzung der Texte – diese wurde durch einen weißen südwestafrikanischen Siedler angefertigt – mit der Widmung »Im Juni 1939 gewidmet dem Gedenken des Ersten Deutschen Reichskommissars von Deutsch-Südwestafrika (1884-1889) Dr. H. E. Göring anläßlich der Eröffnung des Dr. H. E. Göring-Kolonialhauses in Hannover« (S.14). Das wäre einen Kommentar wert gewesen. Schließlich verwundert auch, dass sich aus der Zeit zwischen Ende 1894 und Anfang 1904 keinerlei Dokumente zum Abdruck zu eignen schienen. Die Einordnung der Quellen in den zeitlichen und politischen Kontext gelingt da schon besser, ist reich an Details, geht über eine bloße Aufzählung von Fakten aber nicht wesentlich hinaus.

Vor allem im zweiten Teil, der sich der Geschichtsschreibung widmet und etwa 120 Jahre umfasst, ist die antikoloniale Grundposition des Verfassers deutlich zu spüren. Aber auch hier ist es verblüffend, wie sorglos der Verfasser sein Quell- und Sekundärmaterial behandelt. Die beiden Kapitel zur postkolonialen Geschichte kommen wie eine Erlösung, enthalten sie doch, was von Geschichtsschreibung, auch nicht-wissenschaftlicher, zu erwarten ist: die Verknüpfung von Erkenntnissen anstelle der Aneinanderreihung von kommentierten Zitaten. Die erfrischende, saloppe Ausdrucksweise und ein zuweilen satirisch-ironischer Unterton machen das Werk trotz aller Mängel lesenswert.

Sonja Mezger

Toubab Pippa (Hg.): Von der Bosheit im Herzen der Menschen. Hendrik Witbooi und die schwarz-weiße Geschichte Namibias. Verlag Der Grüne Zweig 246, Löhrbach 2004, 168 Seiten, 12,50 Euro

Diese Rezension erschien in: iz3w Nr. 282, S. 44

Logo