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Dokumentation:

Über die Deutschen in Südwestafrika

* Ein Original dieses Artikels befindet sich im Stadtarchiv, C 4/VIII/31/7

Der Alemanne vom 18.06.1935, Nr. 168, Seite ?*

Von 32 000 Weißen sind 12-13 000 gebürtige Deutsche

also 40%! Demgegenüber stehen 50% Buren und nur 10% Engländer. Die Zahl der Eingeborenen dieses dünnbesiedelten Landes beträgt nur 100 000 Köpfe. In wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht sind die Deutschen absolut tonangebend, sogar trotz prozentueller Ueberlegenheit des burischen Elementes.

Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, daß die Deutschen von Südwest einen äußerst schweren Stand haben infolge der Mandatshoheit der Südafrikanischen Union. Südwest-Afrika ist ein reines Viehzuchtland und ist gezwungen, sämtliche agrarischen Produkte von Südafrika einzuführen, obwohl beispielsweise der Zucker aus Kuba um 75% billiger zu beziehen wäre als der teure südafrikanische Natalzucker. Die Südafrikanische Union hat keinerlei Interesse an einem wirtschaftlich starken Südwest als Konkurrenten und leistet deshalb dem drückenden Kapitalsmangel in jeder Hinsicht Vorschub.

Hinzu kommen Naturkatastrophen, wie große Trockenheit oder andauernde Regenperioden, die wiederum Heuschreckenschwärme zeitigen, deren verheerende Wirkung für die Tropenländer genügend bekannt sind. Während in Südafrika wirksame Gegenmittel angewandt werden, zeigt sich die Bekämpfung in Südwest, soweit sie von der südafrikanischen Union durchgeführt wird, äußerst lax.

Um überhaupt Einfluß auf die Verwaltungs- und Wirtschaftsfragen zu erhalten, nahm die deutsche Jugend in Südwest seit 1924 die britische Staatangehörigkeit an – wer dafür optierte deutsch zu bleiben, schloß sich von den gesamten bürgerlichen Rechten aus. Die „British subjects“ durften allerdings daneben ihre deutsche Staatsangehörigkeit behalten, jedoch gilt ihr deutscher Paß nur auf deutschen Schiffen.

Die deutsche Regierung tut alles, diese jungen Deutschen ihrem Volke zu erhalten, indem sie die Teilnahme am Arbeitsdienst ermöglicht und ihnen Gelegenheit gibt, das deutsche Handwerk in der Heimat zu erlernen, oder mit Hilfe von Stipendien ein deutsches Studium zu absolvieren. Am 20./21. Juli findet in Goslar ein großes Treffen aller deutschgebürtigen Südwestafrikaner statt, über das die Presse noch ausführlich berichten wird.

Streng wachen die Deutschen von Südwest darüber, daß kein Neger ein Handwerk ausübt – „Schwarzarbeit“ ist also dort in doppelter Hinsicht verpöhnt! Die deutschen Handwerker sind selbst in Südafrika sehr geschätzt, doch erschwert die Südafrikanische Union die deutsche Einwanderung nach Südwest mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln.

Immerhin ist es als schöner deutscher Erfolg zu verzeichnen, daß die deutsche Jugendbewegung der Pfadfinder von Südwest, die nach einem großen Treffen im Juli des vergangenen Jahres auf jüdische Machenschaften hin verboten wurde, seit einem Monat wieder erlaubt wurde, „zur Verbesserung der handelspolitischen Beziehungen“.

Ihr Führer Bütow, der auch an der Reise Mahatma Gandhis 1933/34 teilnahm, weilt gegenwärtig in Deutschland als Berichterstatter für die „Windhuker Allgemeine Zeitung“ (eines der drei deutschen Organe in Südwest), und gedenkt ein größeres Werk abzufassen, in welchem er die brennenden Kolonialprobleme, die er gestern umrisshaft skizzierte, ausführlich behandeln wird. Man darf auf dieses Buch aufs äußerste gespannt sein. Wz.


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