Dokumentation: Kolonialforderungen des Verbandes Südwestdeutscher Industrieller |
Badische Presse vom 19.10.1928, No. 5, S. 488/89 "Wissenschaft und Industrie. Hauptversammlung des Verbandes Südwestdeutscher Industrieller in Freiburg. Wir müssen Kolonien wieder haben! Am 10. und 11. Oktober fand in Freiburg die 16. ordentliche Jahreshauptversammlung des Verbandes Südwestdeutscher Industrieller (22. Jahr des Bestehens) unter sehr zahlreicher Beteiligung von Mitgliedern aus allen Teilen des Verbandsgebietes statt. (…) Am 11. Oktober fand sodann die 16. ordentliche Generalversammlung des Verbandes im historischen Kaufhaussaal in Freiburg statt. (…) Dann beleuchtete Dr. Mieck die seit der Vorkriegszeit eingetretenen Verschiebungen in den Anteilen der Erdteile am Welthandel. Statt eines Gläubigerlandes, wie es Deutschland vor dem Kriege war, sei Deutschland ein Schuldnerland geworden, und Deutschland habe nicht mehr in eigenen Kolonien Rohstoffquellen und sichere Abnehmer. Die Badische und Südwestdeutsche Industrie sei in der Hauptsache verarbeitende und Exportindustrie. Für eine Erleichterung und Steigerung des Exportes seiner Mitglieder zu sorgen und zu kämpfen, werde und müsse daher auch in der Zukunft eine der wesentlichen Aufgaben des Verbandes sein. Exzellenz Wirkl. Geh. Rat Gouverneur z. D. Dr. Schnee, M. d. R., Berlin, sprach hierauf über ‚Rohstoffversorgung und Kolonialbesitz’. Der Vortragende ging in seinen Ausführungen von der Tatsache aus, daß beträchtliche Teile der Bevölkerung der Industrieländer, darunter Deutschland, durch die Einfuhr von Nahrungsmitteln und Rohstoffen aus anderen Ländern erhalten würden, die durch die Ausfuhr von Erzeugnissen der Industrie bezahlt werden müssten. Die Lage sei infolge der Zollschranken und der Zunahme der Industrialisierung bisheriger Rohstoffländer gegen früher ungünstiger geworden und werde für Deutschland noch ganz außerordentlich verschärft durch die Kriegsfolgen, besonders die Wegnahme des größten Teiles seiner Kapitalsanlagen im Auslande und durch die ungeheuren Reparationslasten. Nur eigener Kolonialbesitz ermögliche es, dass die Zahlungen für Kolonialrohstoffe im Kreislauf der deutschen Wirtschaft verbleiben und sichere gegen Monopolbestrebungen. Der Wiedereintritt Deutschlands in die überseeische Kolonisation sei eine Lebensnotwendigkeit für das deutsche Volk und werde zugleich zu der im Interesse aller Völker liegenden Verständigung zwischen den Nationen wesentlich beitragen. Im Anschluss an den mit starkem Beifall aufgenommenen Vortrag fasste die Generalversammlung einstimmig folgende Entschließung: ‚Der Verband Südwestdeutscher Industrieller hält die Wiedererlangung deutschen Kolonialbesitzes für unbedingt notwendig zur Versorgung der deutschen Volkswirtschaft mit kolonialen Rohstoffen, für deren Bezug sie gegenwärtig ausschließlich auf das Ausland angewiesen ist, sowie auch zur Sicherung von Absatzgebieten für die deutsche Industrie’.“ [Artikel folgt mit weiteren Beiträgen zur Bedeutung von China, Japan und Südamerika.]
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