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Dokumentation:

General von Lettow-Vorbeck im Paulussaal: „Die wirtschaftliche Bedeutung unserer ehemaligen Kolonien“

Ein Original dieses Artikels befindet sich im Stadtarchiv, C 4/VIII/31/7

Der Alemanne - Kampfblatt der Nationalsozialisten Oberbadens, Ausgabe A (Morgenausgabe) vom 14.06.1935, Nr. 164, Seite ?

Deutschlands rechtlicher und moralischer Anspruch auf Kolonien

General v. Lettow-Vorbeck spricht in Freiburg – Begeisterte Kundgebung für den kolonialen Gedanken – Die Ruhmestaten der Verteidiger von Deutsch-Ostafrika

(Eigener Bericht des „Alemannen“)

Freiburg i. Br., 13 Juni. Auf Einladung der DAF-Kreisverwaltung Freiburg sprach gestern abend in dem bis auf den letzten Platz besetzen Paulussaal General Paul von Lettow-Vorbeck, der ruhmreiche Kommandeur der ostafrikanischen Schutztruppe im Weltkrieg, über „Die wirtschaftliche Bedeutung unserer ehemaligen Kolonien“.

Man konnte sich keinen schöneren und gehaltvolleren Auftakt zur Deutschen Kolonialtagung des Reichskolonialbundes in Freiburg denken als diesen Vortragsabend, der der großen Hörerschaft ein fesselndes und umfassendes Bild von der Bedeutung unserer ehemaligen Kolonien vermittelte. In jugendlich-lebendiger und humorvoller Weise entwickelte der alte Kolonialkämpfer die ganze Fülle der Probleme, fern jeder Fachwissenschaftlichkeit, und erzählte von dem entbehrungsreichen, einsatz- und tatbereiten Leben der Deutschen in den Kolonien, von ihrem tapferen Kämpfen und Sterben während des Weltkrieges.

Eingeleitet wurde die Kundgebung von schmissig gespielten Märschen des NS.-Musikzuges unter Leitung von Musikzugführer Lühmann. Unter den Klängen des Badenweiler Marsches betrat der General den Saal, begeistert Empfangen von der riesigen Zuhörerzahl.

Die „Waffenschmied“-Overtüre Albert Lortzings eröffnete die Veranstaltung. Darauf begrüßte Pg. Loy vom Amt für Berufserziehung im Namen der Deutschen Arbeitsfront die Anwesenden, insbesondere den Oberbürgermeister und Kreisleiter Pg. Dr. Kerber, die Vertreter der Partei, sowie ihrer Neben- und Unterorganisationen, der Behörden, der Polizei, die Teilnehmer der Kolonialtagung sowie die Schriftleitung des „Alemannen“. Sein besonderer Gruß galt natürlich dem Redner des Abends, dessen hohe Verdienste um das Deutschtum Pg. Loy mit Worten wärmster Verehrung schilderte. Die Tatsache, daß der Soldat der Waffe zum Soldaten der Arbeit spreche, kennzeichnete er als schönes Symbol deutschen Aufbauwillens.

Dann betrat

Kreisleiter und Oberbürgermeister Pg. Dr. Kerber

das Rednerpult zu seiner Begrüßungsansprache. Er entbot General v. Lettow-Vorbeck den Willkommensgruß der Stadt Freiburg und des Kreises der NSDAP. und kennzeichnete ihn als die Verkörperung der glänzendsten Soldatentugenden, die einst unser Volk vor der Vernichtung bewahrt haben und heute ihm einen verheißungsvollen Aufstieg gewährleisten. Mit dem Dank der Bevölkerung für sein Erscheinen gab er dem General die Versicherung, daß das heutige Deutschland die stolze Tradition der deutschen Kolonialgeschichte pflegen und ehren werde, damit eines Tages auch in dieser Frage die Welt unserer Nation das natürliche und moralische Recht auf die Zurückgewinnung aller Lebensgrundlagen zuerkennen werde, damit auch in dieser Hinsicht die Ehre, Freiheit und die Gleichberechtigung des deutschen Volkes verwirklicht wird.

Stürmisch begrüßt nahm dann

General v. Lettow-Vorbeck

das Wort zu seinen immer wieder von stürmischem Beifall unterbrochenen Ausführungen. Er sprach zunächst seinen Dank für die herzliche Begrüßung aus und verlieh dann seiner Auffassung Ausdruck, daß es sich heute bei der Aufmerksamkeit des deutschen Volkes gegenüber kolonialen Angelegenheiten nicht um eine Laune oder eine Spielerei, sondern daß sich heute das deutsche Volk dessen bewußt sei, daß es sich hier um eine wirkliche Lebensfrage handle.

Er wies dann darauf hin, daß heute für jedes Volk, auch für das deutsche, der Besitz der Kolonien eine überaus wichtige Lebensfrage sei, da dadurch zunächst einmal eine Rohstoffbasis, ein belebendes Element für Export und Import und dadurch für Handel und Schiffahrt gegeben sei, und weiterhin eine Möglichkeit,

die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch das Mittel der Besiedlung der kolonialen Gebiete erfolgreicher zu gestalten.

Wertvollste Volkskraft sei immer wieder verloren gegangen, weil die Auswanderer gar zu oft die Bindungen zur Heimat ablegten und dadurch oft zu Konkurrenten wurden.

General v. Lettow-Vorbeck brachte dann seine Auffassung zum Ausdruck, daß auf die Dauer Ostsiedlung und Innensiedlung doch nicht vollends ausreichen würden, um den Menschenüberfluß Deutschlands unterzubringen, sondern daß Deutschland in Zukunft ernstlich daran denken müsse, gleich den anderen Nationen sein Recht auf Kolonien zu betonen, um so Siedlungsland zu schaffen. Und zwar kein Siedlungsland in dem Sinne, daß wenige weiße Männer über weite Plantagen herrschen, sondern vielmehr in der Art, daß durch die Schaffung möglichst vieler kleiner Siedlerstellen Tausende und aber Tausende von deutschen Siedlern untergebracht werden können.

General v. Lettow-Vorbeck warf dann die beiden Fragen auf, ob gerade die ehemals deutsche Kolonie „Deutsch-Ostafrika“ wirklich genügend wirtschaftliche Möglichkeiten bieten würde und weiterhin, ob das Land geeignet sei, als Siedlungsland und dadurch als Aufenthalt für Europäer zu dienen. Um den Anwesenden hier nun ein eigenes Urteil zu ermöglichen, gab er ein überaus anschauliches Bild von den Kämpfen der deutschen Kolonialtruppen während des Weltkrieges und von den wirtschaftlichen Verhältnissen und Nöten, mit denen die Kolonialtruppe damals zu rechnen hatte. Prachtvoll verstand er es, die damaligen Zustände den Besuchern plastisch vors Auge zu stellen und die oft verzweifelte Lage der kleinen deutschen Truppe zu kennzeichnen. Noch einmal zogen vor dem geistigen Auge die Strapazen des Busch-Krieges vorüber und der unerhörte Aufwand an Kraft und Mut, der notwendig war, um vor allem auch neben dem harten Kampf mit dem übermächtigen Feinde die Versorgung der kämpfenden Truppe sicherzustellen. [Fortsetzung nächste Seite]

Der Alemanne - Kampfblatt der Nationalsozialisten Oberbadens, Ausgabe A (Morgenausgabe) vom 14.06.1935, Nr. 164, Seite ?

[Fortsetzung von der letzten Seite] Der General wies in diesem Zusammenhang darauf hin, daß es damals der deutschen Truppe nicht nur darum zu tun gewesen sei, die Kolonie zu „verteidigen“ und ruhmvolle Waffentaten zu vollbringen, sondern daß der letzte Sinn des Kampfes darin beruht habe, möglichst große feindliche Kräfte in dieser Kolonie zu fesseln, um dadurch die Fronten auf den anderen Schlachtfeldern für die deutschen Soldaten zu entlasten. An Hand von Zahlen brachte Lettow-Vorbeck dann den Beweis dafür, daß dieses Ziel erreicht wurde, denn es kann als feststehend gelten, daß der deutschen Truppe, die auf dem Höchststand 3000 Deutsche und 11 000 Schwarze aufwies, etwa dreihunderttausend feindlicher europäischer Truppen und dazu noch etwa 100 000 Schwarze gegenüberstanden. Dazu kam noch der ungeheure Aufwand an Kosten der Kriegsführung, der den Engländern aufgezwungen wurde, und der sich nach englischer Darstellung auf etwa

12 Milliarden deutscher Reichsmark

belief.

Wenn man dabei in Betracht zieht, daß die deutsche Truppe 1917 schließlich sich nur noch aus 155 deutschen und rund 1100 schwarzen Soldaten zusammensetzte, so ist ersichtlich, mit welch unerhörtem Heldenmut hier gekämpft wurde, zumal die deutsche Truppe vollkommen auf sich allein angewiesen war.

General v. Lettow-Vorbeck betonte hierbei ausdrücklich, daß seiner Auffassung nach dieser strapazenreiche, überaus harte Kampf der Kolonialtruppe volle Anerkennung verlange, da er beispiellos dastehe. Der einzige Bundesgenosse, der der Truppe beistand, waren die treuen Schwarzen, die willig im Kampfe gegen die feindliche Uebermacht, zu der sich neben den Engländern auch noch die Belgier und Portugiesen gesellten, standhielten.

In dieser Treue und Anhänglichkeit aber ist für uns Deutsche

der stolze Beweis zu erblicken, daß die deutsche Kolonialtätigkeit von vollem Erfolg begleitet war, und daß niemand dem deutschen Volke die kolonisatorische Tätigkeit absprechen kann.

Die völlige Ausnützung der wirtschaftlichen Möglichkeiten unter den schwierigen Umständen der Kriegsführung macht aber weiter ersichtlich, daß der Aufbau von Kolonialgebieten vollauf gerechtfertigt wird, denn wenn es im Kriege möglich war, die kämpfende Truppe unter Zuhilfenahme der nur in primitiven Formen vorhandenen Hilfsmittel zu unterhalten, dann sind für eine friedliche wirtschaftliche Betätigung noch weitaus größere Möglichkeiten gegeben. Der Weltkrieg hat weiterhin gezeigt, daß der Europäer sehr wohl in den Kolonien leben kann, da selbst die härtesten Strapazen im Weltkriege den Deutschen nicht die Widerstandsfähigkeit rauben konnten. In friedlichen Zeiten können außerdem noch ganz andere, weit vorausschauende Maßnahmen ergriffen werden, um den Mißständen und Unzuträglichkeiten abzuhelfen.

So wird wohl jeder Besucher aus voller Ueberzeugung den Worten General v. Lettow-Vorbeck zugestimmt haben:

Die Kolonialfrage ist nicht nur eine wirtschaftliche, sondern eine brennende Frage, um deren Lösung wir nicht herumkommen.

Wir müssen an sie heran. Allerdings wird diese Frage letzthin nicht vor internationalen Schiedsgerichtshöfen oder durch Prozesse gelöst, sondern der erste Schritt auf kolonialem Gebiet, der praktische Früchte tragen soll, liegt nicht jenseits des Meeres, sondern in Deutschland. Es kommt darauf an, eine nationale Macht zu schaffen. Und weil wir diesen ersten Schritt getan haben, müssen wir auf dem richtigen Wege sein, so daß einmal auf unser deutsches Vaterland der Satz angewendet werden kann:

„Ein starkes Heimatland mit blühenden Kolonien, Ein fester Rumpf und gesunde, blühende und gedeihende Glieder.

Langanhaltender, begeisterter Beifall der Besucher dankte General v. Lettow-Vorbeck für seine fesselnden Darlegungen. Pg. Loy sprach allen Anwesenden aus dem Herzen, als er General v. Lettow-Vorbeck den herzlichsten Dank für seinen Vortrag aussprach.

Mit einem dreifachen Sieg Heil auf den Führer und dem Gesang der beiden Nationalhymnen wurde dann die Kundgebung geschlossen, die wesentlich dazu beigetragen haben wird, den Kolonial-Gedanken im deutschen Volke fest zu verankern, damit dereinst seine Verwirklichung gelinge.


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