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Pressedokumentation:

Bruchsal: Vortrag über deutsche Kolonisation in Ostafrika von Dr. Grimm; Bericht aus Kamerun über zahlreiche skurrile Anfragen aus Deutschland; Anzeige Überseebriefmarken

Freiburger Zeitung, 17.01.1889 (Tagesausgabe), 3. Seite

Aus Baden. (...)

- Vor einer leider nur wenig zahlreichen Zuhörerschaft hielt Herr Ministerialpräsident a. D. Dr. Grimm am Abend den 12. d. Mts. in Bruchsal einen Vortrag über die deutschen Colonisationsunternehmungen an der Ostküste Afrikas.

(...)

Aus Kamerun.

Der „Hamburgische Korrespondent“ gibt einen ihm aus Kamerun zugegangenen, vom 1. Dezember v. J. datierten Bericht wieder, der in verschiedener Hinsicht von Interesse und geeignet ist, Aufklärung über die dortigen Zustände zu verbreiten und die Wiederholung von Abgeschmacktheiten zu verhindern, wie sie in jenem Bericht erzählt werden. In demselben heißt es unter Anderem:

Mit jeder Post werden an das kaiserliche Gouvernement, an dessen Beamte und neuerdings insbesondere an den Schullehrer oder aber auch an gar nicht vorhandene Adressaten, wie z. B. an das kaiserliche deutsche Consulat in Kamerun oder an die Könige, ja sogar an „Ihre Majestäten“ die Könige Bell und Aciwa, Bittgesuche und Anfragen aller Art gerichtet, welche neben einer vollständigen Verkennung der den Beamten und dem Schullehrer obliegenden Aufgaben eine so kindlich naive Auffassung der hiesigen Verhältnisse verrathen, wie man sie wenigstens in den Kreisen, aus welchen ein großer Theil dieser Zuschriften stammt, kaum erwarten sollte. In erster Linie sind die großen und kleinen Kinder, welche Stempel- und Briefmarken sammeln oder Postkarten um die Welt senden wollen, meist ohne jede Ahnung der bestehenden Weltpostverbindungen. An sie schließen sich die verschiedenen sonstigen Sammler ernsterer Art, die vor allem den Schullehrer für die geeignete Persönlichkeit halten, Käfern und Schmetterlingen nachzustellen, durch seine Schüler Vogelnester aufnehmen zu lassen, Eier, Vögel und anderes Gethier zu präpariren, Raupen zu züchten, Hölzer und Steine aufzulesen, Herbarien anzulegen, Raritäten zusammenzukaufen und dergleichen mehr. Dann kommen die Bewerber um Anstellungen, sei es im Colonialdienst, oder aber als Lehrer, Kaufleute, Landwirthe und so fort. Auswanderungslustige wollen mit Töchtern oder Schwestern oder auch gleich mit der ganzen Familie aus Amerika oder Deutschland nach Kamerun verziehen, da ihnen das Glück zu Hause stets aus dem Wege gehe. Gewerbetreibende übersenden „Sr. Majestät dem König Bell“ Zylinderhüte oder sonstige Erzeugnisse ihres Gewerbefleißes mit der unterthänigsten Bitte um Ernennung zum Hoflieferanten. Institutsvorsteher und -Vorsteherinnen sind bereit, den Töchtern dieser Könige, den Prinzen und Prinzessinen des königlichen Hauses eine standesgemäße Erziehung in ihren Anstalten zu Theil werden zu lassen. Buchhändler schicken Romankataloge zur Vertheilung unter die Schwarzen. Schreibselige Naturen, welche einen Zeitungsartikel oder gar ein Buch über Kamerun im Schilde führen, aber leider keine Zeit und Gelegenheit haben, das Land persönlich kennen zu lernen, bitten behufs Ausführung ihres Vorhabens um eingehende Beantwortung des von ihnen zu diesem Zwecke aufgesetzten Fragebogens.

Was die Anstellungs- und Auswanderungslustgen betrifft, so kann nur auf das, was bereits vielfach hierüber veröffentlicht ist, verwiesen werden. Eine Beantwortung jedes einzelnen Gesuchs ist nicht möglich. Die sonstigen Anfragen der oben geschilderten Art können überhaupt nicht berücksichtigt werden. Die an schwarze Majestäten, Könige, königliche Hoheiten, Prinzen und Prinzessinnen gerichteten Kundgebungen der erwähnten Art gelangen nicht an die Adressaten, weil dieselben nicht vorhanden sind.

Die mißverständliche Auffassung westafrikanischen Königthums findet zum Theil wenigstens ihre Erklärung in der englischen Sitte oder richtiger Unsitte, jeden Dorfhäuptling als King (König) zu tituliren. Man würde in Deutschland gut thun, sich von Anfang an dieser mißleitenden Hyperbel überhaupt ganz zu enthalten, und wenn man den Leuten denn durchaus einen Titel geben will, sie einfach „Häuptlinge“ zu heißen, da sie im Grunde genommen auch gar nichts anderes sind, als die Häupter einer mehr oder minder zahlreichen Familie. Schließlich sei auch noch auf's ernsthafte davor gewarnt, sich in direkte Handels- oder Tauschverbindungen mit hiesigen Eingeborenen einzulassen, es sei denn auf Grund voher eingezogener genauer Erkundigungen, die indeß in den seltensten Fällen ermuthigend ausfallen dürften.


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Freiburger Zeitung, 17.01.1889 (Tagesausgabe), 4. Seite

Briefmarken

verkauft: 220 versch. Überseeische zu 12 M. Kontinentalmarken, etwa 200 Sorten, per mille zu 50P, Gewöhnl. Überseeische Mark. per 100 3 M. 120 versch. Bess europ. Mark. 3 M. Beschädigte per 100 50 P. 720 versch. Europ. Zu 18 M. 940 St. versch. Zu 25 M.

Ankauf. Tausch G. Zechmeyer, Nürnberg. 6520. 13 4


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