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"Ablösungstransport für Kiautschou", Südafrika: "Wie ein deutscher Handwerker im Goldlande sein Glück machte"

Freiburger Zeitung Nr. 13 vom 17.01.1899, 2. Blatt, 2. Seite

Der Ablösungstransport für Kiautschou, aus den Mannschaften der Stammkompagnie des 3. Seebataillons bestehend, geht am 15. Februar in einer Stärke von 1 Hauptmann, 3 Offizieren, 23 Unteroffizieren und 300 Mann von Kiel ab. In Wilhelmshaven, wo sich die Truppen an Bord begeben, schließen sich den hiesigen Mannschaften 300 Mann der dortigen Garnison an.


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Freiburger Zeitung Nr. 14 vom 18.01.1899, 2. Blatt, 2. Seite

Aus aller Welt.
Wie ein deutscher Handwerker im Goldlande sein Glück machte, davon wird der Fr. D.-Ztg. Folgendes erzählt: Albert Kostin, so heißt der Glückliche, stammt aus der Umgegend Landsberg a. W., aus Gerlachsthal, wo sein Vater eine kleine Gastwirthschaft betreibt. Im Jahre 1890 ging er nach Afrika mit einem Trupp Maschinenarbeiter und Monteure, welche in Johannesburg eine große Fabrik einrichten sollten. Die Tischlerarbeiten sollte er ausführen. Trotz seiner Jugend war ihm die Arbeit übertragen worden, weil er ein sehr gewissenhafter Arbeiter war, und es auf genaue Arbeit bei den maschinellen Einrichtungen ganz besonders ankam. Kostin ging auch ganz gerne nach Transvaal, da dort eine Cousine von ihm verheirathet war. Er lernte Land und Leute kennen und war in Johannesburg bald ein gesuchter Mann. Es kam ihm zu Gute, daß er vollauf im Tischlergewerbe ausgebildet und nicht bloß Spezialarbeiter war. Bei dem theuren Leben und den unsichern Geldverhältnissen an den dortigen Geldinstituten verzichtete er aber darauf, sich selbständig zu machen. Es ist das in Transvaal ein ganz besonderes Risiko, wenn man es nicht mit für unsere Verhältnisse überschwänglich großen Summen unternimmt. Man kann in Transvaal eben viel gewinnen, aber ebenso leicht auch sehr viel verlieren. Kostin blieb deshalb unselbständig. Sein Tagesverdienst belief sich auf 20 bis 30 Mark nach unserem Gelde. Bald fertigte er Möbel, bald baute er Blockhäuser oder war als Bautischler in den zahlreichen großen Neubauten beschäftigt, welche die vielen reichen Leute in Johannesburg palastartig errichteten; er kam in die verschiedensten Stellungen, bis er endlich Carpenter wurde, das heißt ungefähr Eisenbahnangestellter. Er hatte nähmlich für die Bahn Blockhäuser auf den einzelnen Stationen zu bauen, und diese fielen so geschickt aus, daß die Gesellschaft, welcher die Bahn gehörte, ihn fest engagirte. Er erhielt ein entsprechendes Gehalt von etwa 600 Mark pro Monat, außer freie Wohnung und sonstige Vergütungen, sodaß er sich nicht schlecht steht. Das Holz, aus dem die Blockhäuser gefertigt werden, ist nämlich ganz besonders hart, und bisher waren die genannten Häuser von weißen holländischen Tischlern, bezw. Holzarbeitern in ziemlich roher Manier hergestellt worden. Allerdings halfen bei diesen Arbeiten schwarze Arbeiter. Kostin verstand es aber, die Konstruktion der Blockhäuser gefälliger zu gestalten, und so war man auf ihn aufmerksam geworden. Nach seinem System entstehen jetzt alle Häuser an der Bahn, und ganz kleine Städte und Stationen werden mit solchen Häusern errichtet. Ihm ist die Leitung über alle derartige Bauten übertragen. Es kommt nun hinzu, daß er der einzige Tischler auf weite Meilen in der Runde ist, welcher Möbel zu arbeiten versteht, und so hat er zumeist auch für die innere Einrichtung der Häuser zu sorgen und macht ein gutes Geschäft dabei. Das Holz kostet ihn fast gar nichts. Seine Möbel sind sehr gesucht. Bis vor einigen Jahren mußten die Farmer und Buren ihre Mobilien aus Johannesburg oder gar aus Kapstadt beziehen, bis wohin sie eine dreitägige Eisenbahnfahrt zu machen haben. Seit aber Master Kostin auf Station Bocksburg bei Johannesburg ansässig ist, bestellt man solche Sachen am liebsten bei ihm. Was es kostet, danach fragt man nicht, spielt doch das Geld da drüben fast gar keine Rolle. Vor drei Jahren lernte Master Kostin – unter welchem Namen er in dem ganzen Bezirk um Johannesburg bekannt ist – in dem Hause seiner Cousine eine junge Dame kennen, die aus Landsberg a. W. war und in einem reichen Hause die Wirhschaft führte. Mit dieser verheirathete er sich. Der Ehe sind bereits zwei Kinder entsprossen. Während ihm das afrikanische Klima ganz besonders zusagt, denn der ehemalige schmächtige Tischlergeselle ist ein wohlbeleibter Herr geworden, hat die junge Frau mehr darunter zu leiden gehabt. Er sandte sie deshalb auf ein Jahr nach Europa zur Erholung. Von dieser Reise ist sie jetzt nach Transvaal zurückgekehrt. Master Kostin ist nach Station Spring versetzt. Er gedenkt noch einige Jahre in seiner jetzigen Stellung zu verbleiben, um dann als reicher Mann in Europa ein Rentierleben zu führen. Nach sechsjährigem Dienst bei der Eisenbahn ist er pensionsberechtigt, er erhält einen Urlaub nach Europa und das Reisegeld hin und zurück vergütet. Diese Zeit ist jetzt um gewesen, er wird aber noch weiter bei der Bahn bleiben, da er noch jung ist und erst anfangs der Dreißiger steht. Ueber die Verhältnisse in Transvaal berichtet er, daß dort das Deutschthum immer mehr zunimmt. Lebensmittel, Kleider etc. sind enorm theuer, dabei war die Kost für Deutsche kaum genießbar. Das letztere ist aber seit mehreren Jahren ganz anders geworden, seitdem sich viele Deutsche angesiedelt haben. Aus allen Mittheilungen, welche Master Kostin hat nach seiner Heimath gelangen lassen, geht hervor, daß er es mit seinem Schicksal gut getroffen hat und das Glück ihm hold gewesen ist, er hat es aber auch an echt deutschem Fleiß und treuem Beharren nicht fehlen lassen.


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