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China: Petition mehrerer Vizekönige an den Thron zugunsten der Gesandten; Anzeichen von Beruhigung der Lage; Feier der Harmoniegesellschaft am Waldsee mit Inzenierung eines Kampfes gegen die Chinesen.

Freiburger Zeitung, No. 177, Donnerstag, 02.08.1900, Tagesausgabe, Seite 1

Zu den Wirren in China.

Der französische Admiral Courrejolles sandte an den Marineminister ein in Tschifsu ausgegebenes Telegramm, das lautet: Es sind deutliche Anzeichen der Beruhingung vorhanden. So ist uns ein kaiserliches Edikt über Tschitfu zugegangen, in dem die chinesische Regierung sagt, sie sei für die gegenwärtigen Zustände nicht verantwortlich. Alle ihre Handlungen wären auf die Erhaltung des Friedens gerichtet und sie sei nocht jetzt bestrebt, die Verträge gegenüber den Fremden und Missionaren zu beobachten.
Der chinesische Gesandte am Londoner Hofe theilte der Times mit, daß er eine Depeche erhalten habe, welche besagt, Li-Hung-Tschang habe im Verein mit den anderen Vizekönigen eine Petition an den Thron gerichtet, in der er dringend räth, die auswärtigen Vertreter unter Eskorte nach Tientsin zu senden oder ihnen zu erlauben, ungehindert mit ihren Regierungen zu verkehren. Die kaiserliche Zustimmung wird den Gesandten mitgetheilt, sobald sie erlangt ist.
Die englische Admiralität erhielt, dem Bureau Reuter zufolge, durch den Kontreadmiral Bruce über Chemulpo folgendes Telegramm des Gesandten Macdonald: Die englische Gesandtschaft in Peking wurde vom 20. Juni bis 16. Juli von allen Seiten durch chinesische Truppen unter Gewehr- und Artilleriefeuer angegriffen. Seit dem 16. Juli herrscht Waffenstillstand; doch ist eine strenge Abgrenzungslinie beiderseits festgesetzt. Die chinesischen Barrikaden sind dicht bei den unserigen. Alle Frauen und Kinder sind in der Gesandtschaft. Bis jetzt sind von der Gesandschaft zwei Personen getödtet. Die Hälfte liegt im Hospital. Die übrigen Mitglieder sind sämmtlich bei guter Gesundheit.

(...)

Ein Sommerfest auf einem der schönsten Fleckchen Freiburger Erde, am Waldsee, feierte Mittwoch Abend die Harmoniegesellschaft. Nach den Gewitterstürmen an den vorherigen Tagen bildete der wolkenlose Himmel die schönste blaue, goldduchwirkte Kuppel, unter der sich nun das Fest wie ein Märchen aus Tausend und eine Nacht abspielte. Aus dem dichten Gebüsch leuchteten hunderte von einfarbigen Lampions, das zeigte von viel feinerem Geschmack als die übliche schreiend bunte Dekoration; die Ufer des Sees säumten ungezählte Lichtchen ein, unterbrochen von einem großen Tableau, das den [unleserlich] Harmonie zeigte; von der Insel erscholl die Musik der 113er; auf der die farbigen Effekte wiederspiegelnden Wasserfläche bewegte sich eine kleine Flotte von Booten, und an einer Seite des Ufers erhob sich, nach einer guten Idee des geschickten Theatermeisters Herrn Illner, ein Stück chinesischer Befestigung, die vom anderen Seeufer aus unter kanonendonner und prasselndem, leuchtendem Kugelregen in Brand geschossen wurde trotz aller (mit jedem Hilfsmittel der Pyrotechnik in Szene gesetzten) Vertheidigungsmaßregeln. Es gab ganz wunderbare Beleuchtungseffekte während des Kampfes und als der Bau in Flammen aufging, und das Urtheil über dieses gelungene Meisterstück der Feuerwerkskunst war einstimmiges Lob. Das Material für das Feuerwerk hatte die Firma Wiedtemann & Co. geliefert, und Herr Oskar Wiedtemann selber leitete das Abrennen. Das Präsidium der Harmoniegesellschaft und der Vergnüngungsauschuß dürfen auf den Erfolg des Festes, das mit einem Tänzchen schloß, stolz sein.


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Freiburger Zeitung, No. 177, Donnerstag, 02.08.1900, Tagesausgabe, Seite 1


 

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