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DSWA: Zur Lage der deutschen Missionsstation in Otjimbingue, Truppenbewegungen bei Ovingi (Gobabis), Kriegslage im Bezirke Otjimbingue

Freiburger Zeitung, 12.03.1904, 1. Blatt, 1. Seite

Von den Leiden der deutschen Missionsstation in Otjimbingue
während des Hereroaufstandes gibt ein Brief einer dort verheirateten deutschen Frau, den der Reichsbote veröffentlicht, eine anschauliche Schilderung. In dem Briefe heißt es:
„Am 14. Januar kam plötzlich eine Burenfrau von Redeckers Posten, die Herero seien am Anrücken. Was blieb uns übrig? Miss. Olpp, Mama (Frau Hälbich), Herr Bernsmann (Bruder eines Missionars) und Wilhelm (Hälbich) gingen ihnen entgegen. Die Frauen blieben allein mit den Kindern in tötlicher Ungewißheit, ob Mama überhaupt wiederkommen werde; wenn nicht, so konnten auch wir uns alle auf unser letztes Stündchen gefaßt machen. Wir fürchteten obendrein, es könnte vom Flußufer her eine Abteilung ans Haus kommen. So blieb ich als einzige Herero-Sprechende draußen und wollte sehen, ob ich dann noch einen mir bekannten Herero aus Okahandja ansprechen und um Schonung für unsere Kinder und uns Frauen bitten könnte. Nach einer bangen, ernsten Stunde kam Mama wieder. Es waren nicht die Okahandjaer Herero gewesen, sondern draußen wohnende Leute von Zacharias (Häuptling von Otjimbingue), die er herangerufen.

Nachmittags kam Eduard (Hälbich, Mann der Schreiberin) von Karibib zurück. Er war erst zur Station geritten und hatte mit Frankenberg, der hier jetzt die Truppe hat, beraten; und nun hieß es, die Truppe kommt am nächsten Tage in unser Gehöft, da es sich fester umschanzen lässt. Es war ihnen gelungen, in Karibib eine Kiste mit 5000 Patronen und einigen Gewehren unauffällig auf einen Bastardwagen zu laden; der sollte ohne Bedeckung in der Nacht noch ankommen. Eckard wäre unterwegs noch beinahe auf einen Trupp Hereros gestoßen. Hernach hörten wir, daß der Polizist Dittrich kurz darauf, von hier nach Karibib zurückkehrend, in der Pforte angefallen und mit zerschmettertem Arm dort angekommen sei. Von einer noch später heraustretenden Patrouille fielen drei Leute; nur Rösemann kehrte unverwundet nach Karibib zurück. Seitdem werden nur Hereroboten geschickt. In der Nacht kam glücklich der Munitionswagen an, und am nächsten Morgen zog die Schutztruppe zu uns herüber, August (Hälbich) und Frankenberg waren zu Pferde, friedlich eine Pfeife rauchend. Es ist nur dem klugen Verhalten Frankenbergs und Missionars Olpps Beistand zu verdanken, daß Zacharias und die Hereros hier nicht mißtrauisch wurden und uns zustimmten, wir sollen uns nur fest verschanzen, da er uns ja nur mit Worten gegen den Feind schützen könne. So begann die Verschanzung hier. Jedes Fenster wurde bis auf ein Luftloch oben zugemauert und mit Schießscharten versehen; alle Türen bis auf eine verrammelt. Da haben unsere Männer bis spät in die Nacht gemauert. Draußen herum wurden Drahtnetze gezogen, große Kistendeckel mit Nägeln gespickt und als Fußkratzer vergraben. Ganz infame Dinger. Tag und Nacht wird gewacht; heute (am 21. Januar) ist endlich alles fertig zur Verteidigung. Inzwischen haben sich die Gemüter etwas beruhigt, obgleich von draußen unaufhörlich Schreckensnachrichten einlaufen. Alles, was auf den Farmen wohne, werde niedergemacht, ohne Unterschied. Von Okahandja hört man nichts Gewisses. Kein weißer Bote kommt durch. Wir haben fürs erste keine Verstärkung zu erwarten, sind etwa 30 wehrhafte Männer. Alle Deutschen bei uns im Hause. Wie es scheint ist kein direkter Angriff zu erwarten. Auf ein törichtes, von außen kommendes Gerede, eine Abteilung Soldaten käme und wolle den Hereros hier den Hals abschneiden, ist Zacharias mit seinen sämtlichen Leuten nach W. Uitdrai (?) gezogen, zum großen Verdruß Frankenbergs.“

Telegraphisch wird dem Berl. Lok.-Anz. gemeldet:
Biwak bei Ovingi, 9. März. Das Detachement des Majors v. Glasenapp mit den Kompagnien Fischel und Liebert, 50 alten eingezogenen Schutztruppenreitern, 4 Maschinenkanonen und 1 Maschinengewehr vereinigten sich nach forzierten Geschwind- teils auch Nachtmärschen am 26. Februar auf der Linie Ovingi-Kaunduwe mit der Kompagnie des Oberleutnant Winkler. Es wird versucht, die Hereros von der Annäherung an die englische Grenze abzuhalten. Die gesamten Reiter werden demgemäß vorgeschoben. Trotz bedeutender Anstrengungen ist der Gesundheitszustand der Leute, abgesehen von leichten Darmstörungen, gut. Die Ochsenbespannung der Artillerie hat sich gut bewährt. Liebesgaben, wie Zigarre, Kognak, Wein, Schokolade, Zwieback wären sehr erwünscht.
Ovingi liegt etwa 20 Kilometer nordöstlich von Gobabis. Von der englischen Grenze liegt der Ort noch mehr als 100 Kilometer entfernt, und ob die geringe Anzahl berittener, über die Major v. Glasenapp verfügt, imstande sein wird, noch vor dem Feinde die Grenze zu erreichen und sie eventuell erfolgreich zu sperren, muß sehr fraglich erscheinen. Jedenfalls verdienen die gewaltigen Anstrengungen, die unsere Truppen machen, um die ihnen gestellte Aufgabe wirksam durchzuführen, volle Anerkennung. Oberleutnant v. Winkler, mit dem v. Glasenapp sich am 26. Februar vereinigt hat, war der Führer des am 3. Februar in Swakopmund eingetroffenen Ablösungstransports und diesem sofort über Windhuk in der Richtung auf Gobabis vorangeeilt. Die Kompagnie Fischel war dann als erster Teil des Marine-Expeditionskorps in derselben Richtung entsandt worden und hatte unterwegs bei Seeis ein Gefecht, bei dem sie einen Verlust von drei Toten und zwei Verwundeten erlitt. Diese beiden Abteilungen haben sich jetzt mit dem Gros unter Major v. Glasenapp vereinigt. Die Unwirtlichkeit der Gegenden in denen die Truppen nun zu operieren haben, wird ihnen nicht nur auch fernerhin große Strapazen auferlegen, sondern auch dem Feinde erhebliche Vorteile sichern, die bei seiner Verfolgung schwer ins Gewicht fallen dürften. Sollte es dagegen gelingen, ihn zu einem Gefechte zu stellen, so würden unsere braven Truppen wohl ohne besondere Mühe mit den Hereros fertig werden.


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Freiburger Zeitung, 12.03.1904, 1. Blatt, 3. Seite

Deutsch Südwestafrika.
Berlin, 10. März. Gouverneur Leutwein meldet von heute, daß durch Hauptmann Puder die Kriegslage im Bezirke Otjimbingue festgestellt ist. Der Gegner steht zumteil in starker Stellung bei Oruware, weitere schwächere Abteilungen am Liewenberg, südlich von Oruware, Oberhäuptling Maharero dagegen steht noch östlich von Okahandja. Der Häuptling Tetjo ist vor der Kolonne des Majors v. Glasenapp auf dem Rückzuge den Nosob aufwärts nach Onjati. Im Westen räumte der Gegner die Etjoberge und zieht sich vor der Kolonne des Majors v. Estorff ebenfalls nach Onjati zurück. Von den Hereros im Nordosten liegt keine Nachricht vor.
- Hamburg, 11. März. Mit dem gestern nach Swakopmund abgegangenen Wörmann-Dampfer gingen Oberleutnant Sobbe, 2 Leutnants und 7 Unteroffiziere nach Deutsch-Südwestafrika ab als Ersatz für gefallene Deutsche.


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