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Die Schlacht am Waterberg: Verlauf, deutsche Verluste und Geographie des Gebietes

Freiburger Zeitung, 18.08.1904, 1. Blatt, 1. Seite

Politische Tagesschau. Wilhelmshaven, 16. August. Der Dampfer Schleswig ist heute mittag mit dem Ablösungstransport aus Deutsch-Südwestafrika, bestehend aus 6 Offizieren und 146 Mann, auf der hiesigen Reede eingetroffen. Die Zurückgekehrten, welche heute morgen durch den Werftdampfer an Land gebracht wurden, wurden von dem Vertreter des Stationschefs begrüßt und marschierten sodann zum Seemannshaus, wo sie durch Damen des Roten Kreuzes gespeist wurden. Die Kieler Mannschaften des Expeditionskorps fahren heute nach Kiel und die Angehenden der Schutztruppe heute nachmittag nach Berlin. - Die Köln. Ztg. meldet: Für die Schutztruppe in Südwestafrika wird zurzeit auf dem Truppenübungsplatz des 10. Armeekorps in Münster eine Verstärkung aus Pioniermannschaften zusammengestellt, aus der drei Beleuchtungs-Abteilungen gebildet werden. Diese werden unter das Kommando von Ingenieur-Offizieren gestellt, die eine besondere Ausbildung bei der elektrischen Abteilung des Ingenieur Komitees erhalten. Die Abteilungen sind zur Bedienung von elektrischen Scheinwerfern bestimmt und werden vorzugsweise für die Hafenanlagen in Swakopmund Verwendung finden, zumal sich die Stationierung von Kriegsschiffen nur zu elektrischen Beleuchtungszwecken als zu kostspielig herausstellt. Die Ausreise der drei Beleuchtungs-Abteilungen ist für den 20. August in Aussicht genommen und zwar von Hamburg mit dem Dampfer Sylvia.

Die Niederwerfung des Herero-Aufstandes. Der konzentrische Angriff gegen die Hereros hat nun doch früher begonnen, als nach den letzten Mitteilungen zu erwarten war. General v. Trotha ging am 11. Aug. ohne die weiteren Verstärkungen abzuwarten zum Angriff über. Die Gründe der Beschleunigung desselben werden wohl noch bekannt gegeben werden, vermutlich liegen sie in den Bewegungen der Hereros, deren Verbleiben am Waterberg von den dortigen Weideverhältnissen abhing. Nach einer im Militärwochenblatt gegebenen Übersicht waren am Waterberg über 30 000 Hereros mit 50 000 Stück Großvieh und 120 000 Stück Kleinvieh auf einer Weidefläche von 100 000 Hektar zusammengedrängt. Unter gewöhnlichen Weideverhältnissen hätten sie nicht länger als bis zur ersten Hälfte des Juli gute Weide finden können. Die guten Weideverhältnisse dieses Jahres werden vielleicht bis Ende August ausreichende Weide bieten. General v. Trotha war also berechtigt, das Vorgehen zu entscheidenden Kämpfen zu verzögern. Ob er nun aus freien Stücken zum entscheidenden Kampf vorging, oder weil sonst ein Abrücken [Fortsetzung auf der nächsten Seite]


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Freiburger Zeitung, 18.08.1904, 1. Blatt, 2. Seite

der Hereros und damit ihr Entkommen nach Norden oder Osten zu befürchten stand, das ist aus den bisher vorliegenden Meldungen nicht zu ersehen.

Die auf deutscher Seite versammelte Truppenmacht umfaßte die ganzen Feldtruppen mit Ausnahme einer Kompagnie, nach dem Militärwochenblatt 4000 berittene Mannschaften mit etwa 80 Geschützen und mehreren Maschinengewehren. Ueber die Zahl der kriegstüchtigen Hereros gehen die Angaben weit auseinander; man wird sie aber wohl auf wenigstens 6000 Krieger schätzen können, wovon nach früheren Angaben Leutweins 8000 [sic!] mit Gewehren bewaffnet waren.

Der erste Schlag ist nun erfolgt. Von Süden, Westen und Osten erfolgte der Angriff gleichzeitig, während ein Teil der Truppen bereitstand, um dem Feinde den Weg zu verlegen. Im Süden wurden die Hereros über Hamakari hinausgedrängt und dieser Ort besetzt. Im Osten kämpfte Major v. Estorff erfolgreich bei Otjosongombe und trieb den Gegner westwärts in die Einkreisungslinie zurück und im Westen, wo der Hauptkampf stattfand, wurde Omuweronme gestürmt und dann das verschanzte Waterberg selbst genommen. Die Hereros sind also aus allen festen Stützpunkten in denen sie sich verschanzt hatten, geworfen, wie es heißt, unter großen Verlusten und auch, was für sie noch wesentlicher ist, unter erheblicher Vieheinbuße. Die weiteren Operationen zielen nun darauf ab, der Hauptmasse das Entweichen unmöglich zu machen; wenn diese erfolgreich sind, kann von einem wirklich entscheidenden Schlage gesprochen werden.

Die ausführliche telegraphische Meldung des Generals v. Trotha über den ersten Angriff lautet: Der Angriff vom 11. d. M. hat früh mit vollem Erfolg begonnen. Major v. Mühlenfels, welcher für den mit seinem Pferde gestürzten Oberleutnant Müller dessen Abteilung übernommen hatte, warf nach sehr heftigem Kampf den Feind bis Hamakari zurück und nahm diesen Ort. Die Abteilung v. d. Heyde verblieb, mit starken feindlichen Kräften sich gegenüber, während der Nacht zum 12. 15 Kilometer nordöstlich von Hamakari. Die Abteilung v. Estorff warf den bei Otjosongombi befindlichen Feind in westlicher Richtung zurück. Die Abteilung Deimling vertrieb morgens die Herero unter Michael aus Omuweroume, nahm, durch Omuweroume vordringend, den Paß und abends die verschanzte Station Waterberg. Diese wird zu einer starken Militärstation für Etappenzweck eingerichtet. Alle Abteilungen verblieben dem wiederholt noch bei Dunkelheit angreifenden Feind gegenüber in vollster Gefechtsbereitschaft. Deimling setzte am frühen Morgen des 12. August den Marsch auf Hamakari fort und traf soeben 9 Uhr vormittags dort ein. Der Feind, der mit außerordentlicher Zähigkeit kämpfte, erlitt trotz sehr gewandter Aufstellung im dichtesten Dornbusch schwere Verluste. Tausende von Stücken Vieh wurden erbeutet. Zersprengt und im Rückmarsch nach allen Seiten begriffen, bewegt sich die Hauptmasse des Feindes nach Osten, wo ich ihm den Abzug mit den vereinigten Abteilungen Deimling, Mühlenfels und von der Heyde verlegen werde, wobei v. Estorff von Norden her mitwirkte. Die Abteilungen Fiedler und Volkmann, welche am gestrigen Kampfe teilnahmen, verhinderten das Ausweichen des Feindes in nördlicher und nordöstlicher Richtung. Die Truppen kämpften unter den größten Anstrengungen und Entbehrungen mit höchster Bravour. Diesseitige Verluste: von der Abteilung Müller: Hauptmann Ganßer, Leutnant Graf Arnim und Leutnant Leplow sowie 10 Mann tot; schwerverwundet: Oberleutnant Streccius, Schuß in die Schulter, Leutnant Frhr. V. Watter, Schuß in die linke Schulter, 12 Mann; leicht verwundet: Major v. Mühlenfels, Streifschuß am Halse, bleibt bei den Truppen, und 18 Mann. Von der Abteilung v. d. Heyde: Oberleutnant v. Lekow, 7 Mann tot, Major Osterhaus, 12 Mann verwundet, 2 Mann vermißt. Von der Abteilung Estorff: Leutnant Seebeck tot, Leutnant Runkel, 10 Mann verwundet. Von der Abteilung Deimling 8 Mann tot, mehrere verwundet. Das Hauptquartier war bei der Abteilung Mühlenfels und begleitet diese zunächst auch weiter.

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Über das Gelände am Waterberg, in dem die Herero eingekreist sind und nun niedergeworfen werden sollen, machte vor kurzem ein Reisender, Franz Seiner aus Graz, der Deutsch-Südwestafrika aus eigener Anschauung kennen gelernt hat, folgende Mitteilungen:

Der Waterberg selbst besteht aus einem 50 Kilometer langen und 10 bis 12 Kilometer breiten Sandsteinplateau, das sich an seiner West- und Südseite 200 Meter hoch steil aus dem Flachland erhebt, während es im Norden und Osten allmählich mit sanftem Hang aufsteigt. Das Plateau, das den Charakter einer Busch- und Strauchsteppe aufweist, zeigt im Süden Tafelbergformation, indem es anfangs in schroffer, an der ganzen ausgedehnten Südseite 40-50 Meter tiefer Felswand, einem sog. Kranz, senkrecht abstürzt, um sich dann mit stark abfallendem Hang zur Ebene zu senken. Der Berg ist an seiner Südseite gleich einer Felsmauer für das Vieh absolut unpassierbar. Während an der Ostseite sich freie Steppe befindet, ist der westlichen Wand ein Tafelbergplateau von der Höhe des Waterbergs dicht vorgelagert, so daß hier beide Berge einen engen Paß bilden, durch den eine Straße nach Otavi führt, welche die westliche Rückzugslinie der Herero ist. An die Südseite dieses Sandsteinplateaus schließt sich in weiterer Folge ein neuer, langgestreckter Tafelberg an, der mit seinen nördlichen Nachbarn einen etwa 300 Meter breiten Paß, der nach dem ihm an seinem Westeingang vorgelagerten Dorfe Omuweroumue benannt ist, bildet. Das Gelände westlich dieses Passes ist sehr wasserarm, und es befindet sich in großem Umkreise keine Tränkestelle, jedoch gewahrte ich im Mai v. J. auf dem Südabhang des nördlichen Tafelberges eine Quelle, die noch Trinkwasser lieferte. Auch diese beiden Berge sind für Vieh nicht passierbar. Nun ist noch ein außerordentlich wichtiger Umstand zu erwähnen: Die 50 Kilometer lange senkrechte Felsmauer des südlichen Waterbergs ist bis auf eine Schlucht nächst der Station Waterberg sogar für die Kaffern unersteigbar. Am 23. April v. J. versuchte ich, an den Wänden emporzuklettern und während ich an den senkrechten Abstürzen klebte, liefen unten auf den Feldern die Kaffern, denen ein solches Schauspiel fremd war, verwundert zusammen; keiner von ihnen hatte je einen solchen Aufstieg versucht. Obwohl in Hochtouren geübt und mit Bergschuhen versehen, mußte ich doch mein Unternehmen infolge der Steilheit der Wände aufgeben. Ich bin daher der Meinung, daß auch an günstigeren Stellen nur wenige Herero diese Mauer zu erklimmen imstande wären, und dass eine Flucht auf den Berg nur durch die Schlucht bei der Station Waterberg erfolgen könnte. Diese Schlucht ist sehr steil und mit Schuttgerölle halb ausgefüllt, und erst nach einer mühsamen halbstündigen Kletterei über riesige Felsblöcke gelangte ich auf das Plateau.

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Freiburger Zeitung, 18.08.1904, 1. Blatt, 3. Seite

Neuestes und Telegramme. Aus Deutsch-Südwestafrika. Berlin, 16. August. Aus Windhuk wird gemeldet: In der Nähe des Waterberges wurde am 6. August eine Patrouille unter dem Befehl des Leutnants Bodenhausens von Hereros überfallen. Bodenhausen und 8 Mann sind tot. Zwei Mann werden vermißt.


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