logo

Presse-Dokumentation auf www.freiburg-postkolonial.de:

"Ein badischer Held in Südwestafrika" - über die Teilnahme des Gefreiten Gustav Hanser aus Mengen am Genozid an den Hereros

Freiburger Zeitung, 22.08.1905, 2. Blatt, 1. Seite

"Badischer Held"

Ein badischer Held in Südwestafrika.

Aus Mengen wird uns berichtet: Zu den zahlreichen Opfern, die der Aufstand in Südwestafrika schon gefordert hat, gehörte, wie seiner Zeit berichtet wurde, auch ein Glied unserer Gemeinde, der Gefreite Gustav Hanser vom Infanterie-Regiment Nr. 142 in Mühlhausen. Er war im Frühjahr in die Schutztruppe eingetreten und ist, nachdem er aus mehreren schweren Gefechten unverwundet hervorgegangen war, anfangs Dezember vorigen Jahres am Typhus gestorben. Auf die Bitte der Angehörigen hat sich das Pfarramt an das Oberkommando der Schutztruppen in Berlin gewendet, um wo möglich nähere Nachrichten über Hansers Erlebnisse in Afrika und über seinen Tod zu erhalten. Daraufhin lief vor einigen Tagen ein Schreiben des Oberleutnants Gräff ein, welcher z.Zt. die Kompagnie führt, der Hanser angehört hatte. Aus diesem Schreiben geht hervor, wie tapfer Hanser sich gehalten und wie verdient er sich um die deutsche Sache gemacht hat. Wir glauben, es daher seinem Andenken schuldig zu sein, den Hauptinhalt des Schreibens den Lesern dieses Blattes mitzuteilen. Es heißt darin:

‚Hanser war bei seinen Vorgesetzten als strammer tüchtiger Soldat von tadelloser Gesinnung und hervorragender Tapferkeit, bei den Leuten der Kompagnie als treuer netter Kamerad beliebt. In dem schwierigen Gefecht bei Hamakari am 11.8.04 zeichnete er sich durch sein unerschrockenes Verhalten besonders aus. Hanser machte das Gefecht im Zuge des Leutnants Strödel, der anfangs als Unterstützungstrupp zurückgehalten war, mit. Leutnant Strödel entsandte hinter dem rechten Flügel der Schützenlinie nach rechts eine Seitenpatroullie von 7 Mann – darunter Hanser – unter Führung des jetzigen Feldwebels der Kompagnie, des damaligen Sergeanten Craemer, ab. Die Patrouille bekam bald aus einer Herero-Werft heftiges Feuer. Um die Möglichkeit zu haben, auch in der Flanke die Bewegungen des Gegners genau beobachten zu können, gab Craemer dem Hanser den Befehl, einen rechts vorwärts gelegenen Termitenhügel zu besetzen. Obwohl die Hereros auf den tapferen Mann heftig schossen und obwohl erfahrungsgemäß gerade die Lage hinter den sich von der Umgebung deutlich abhebenden Termitenhügeln im Gefecht besonders gefährlich ist, führte Hanser den ihm erteilten Auftrag mit absoluter Kaltblütigkeit und großer Umsicht aus. Sicherlich hat er durch diese mutige tat in hervorragender Weise der Sache genützt.

Da der brave Streiter von seinem erhöhten Posten nicht nur besonders wirksam schießen, sondern auch die Verhältnisse beim Feinde am besten beobachten konnte, sandte ihn Srgt. Craemer nach einiger Zeit zur Kompagnie, um über die Lage der Patouille Meldung zu machen. Wieder galt es für ihn, sich dem gegnerischen Feuer deckungslos auszusetzen und zwar unter Verhältnissen, die voraussichtlich erheblich schwieriger waren, wie vorher. War es doch klar. Dass die Hereros die Gelegenheit, dem lästigen Schützen eine Kugel beizubringen, nicht unbenützt vorübergehen ließen. Aber auch diesmal führte Hanser seinen schwierigen Auftrag ohne Besinnen aus. Die Meldung war dem in der links vorwärts, ebenfalls heftig beschossenen Schützenlinie, liegenden Hauptmann Wilhelmi zu überbringen. Hanser musste also nochmals durch den Kugelregen eilen, um seinen Auftrag zu erfüllen. Auf Befehl des Hauptmanns Wilhelmi verblieb er dann beim Gros der Kompagnie, wo er bis zum Schluß des Gefechts tapfer mitkämpfte.

Auch am 19.8.04 bei Erindi-Endeke tat sich der leider Verblichene wieder hervor. Es wurden damals Freiwillige vorgerufen, die als Spitze gegen den im Dornbusch versteckten Gegner vorgehen sollten. Hanser war einer der ersten, die sich meldete und auch hier seine Sache ausgezeichnet machte. Er nahm dann noch an dem beschwerlichen Verfolgungsmarsche durchs Sandfeld bis Otjosondjoe teil, wo er leider an Typhus erkrankte. Alsbald wurde er ins Lazarett Otjimbinde übergeführt, wo er trotz der ihm dort sicher zuteil gewordenen besten Pflege am 7. Dezember 04 verstorben ist. Alle Angehörigen der Kompagnie werden dem tapferen Manne stets ein ehrenvolles Andenken bewahren.’

Wir freuen uns aufrichtig über die hohe Anerkennung, die damit dem Verstorbenen zuteil geworden ist, um so mehr als er in edler Bescheidenheit in seinen Briefen sich seiner Heldentaten niemals gerühmt hat, und seine Angehörigen finden darin neuen kräftigenden trost. – Er war ein braver Soldat und starb für das Vaterland; Ehre seinem Andenken!


Scan der Originalseite auf Server der UB-Freiburg

Zur Übersicht August 1905 der Pressedokumentation | nach oben top