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Beschwerdeschrift sämtlicher Häuptlinge und Oberhäuptlinger des Kameruner Schutzgebietes an den Reichskanzler gegen das "System Puttkamer", DOA: kriegsrechtliche Erschießungen von 37 Aufständischen, Deutsch-Südwestafrika: Verluste im Kampf gegen Morenga; Mediziner Robert Koch tritt Heimreise aus Ostafrika an

Freiburger Zeitung, Nr. 241, 14.10.1905, 1. Blatt, 1. Seite

Deutsch-Afrika.

Kamerun.

Das Hamburger Fremdenblatt gelangte in den Besitz einer an den Reichskanzler und den Reichstag gelangten Beschwerdeschrift, die von sämtlichen Häuptlingen und Oberhäuptlingen des Kameruner Schutzgebietes unterschrieben ist und sich gegen den Gouverneur v. Puttkamer und sein System richtet. Seit Jahren führen die Häuptlinge ein besonderes Schwarzbuch, in dem sie sämtliche Vorgänge registrieren, die der Assessorismus des Gouverneurs Puttkamer gezüchtet hat, und sämtliche Willkürlichkeiten, die von einzelnen Beamten gegen die Eingeborenen begangen wurden. Die Häuptlinge verlangen die Zurückberufung Puttkamers und einzelner namhafter Beamten, die sich Uebergriffe gegen die Eingeborenen zu Schulden kommen ließen. In der Eingabe, in der die Kameruner ihre Ergebenheit dem deutschen Kaiser gegenüber in überzeugender Naivität zum Ausdruck geben, wird dringend die Einsetzung eines neuen Gouverneurs gefordert. Das Fremdenblatt schreibt, daß es vorläufig, um nicht der Entscheidung des Reichskanzlers vorzugreifen, von einer Veröffentlichung des Wortlautes dieser Beschwerdeschrift absehen will.

Aus Ost-Afrika.
Die uns zugegangene Nummer 37 der Deutsch-Ostafr. Zeitung vom 16. September enthält u. a. folgende Mitteilungen:
Geheimrat Prof. Dr. Paasche, der Vizepräsident des Deutschen Reichstags traf mit dem Dampfer Kanzler am 18. Sept. in Dar-es-Salaam ein u. hat als Gast des Gouverneurs Grafen von Götzen vorläufig Wohnung genommen. Herr Geheimrat Paasche trat am 16. September mit Kaiser Wilhelm II. eine Reise nach dem Süden an, um u. A. von Mohorro aus seinen Sohn Oberleutnant z. S. Paasche aufzusuchen. Nach Rückkehr von seiner Südtour beabsichtigt Geheimrat Paasche noch nach Tanga und Usambara zu reisen und auch von Mombassa aus auf der Ugandabahn bis zum Viktoriasee zu fahren.
Die Aufstandsbewegung im Bezirk Lindi hat, wie der Ostafr. Ztg. aus Lindi berichtet wird, so gut wie ihr Ende erreicht. Bereits am 9. September, gleich nachdem am 8. September 21 Aufständische kriegsrechtlich erschossen wurden waren, nahten die ersten Friedensdeputationen der Aufständischen, die sich dann doch häufiger wiederholten. Am 15. September sind noch weitere 16 Aufständische kriegsrechtlich erschossen worden. Die Aufständischen zeigen vor allem deshalb große Neigung zum Frieden, weil die regierungstreuen (sehr mächtigen) Wanau sich überall mit Erfolg ihnen entgegengestellt haben und letzteren natürlich auch seitens der Behörde nicht verwehrt wird, die Dörfer der Aufständischen auszurauben und zu verbrennen.
Der älteste Offizier der in Ostafrika versammelten Streitkräfte, Fregattenkapitän Glatzel, meldet aus Dar-es-Salaam vom 10. d. M.: Am 6. Oktober hat der Seeadler das Thetisdetachement, Leutnant zur See Köhler und 20 Mann, in Kissindju gegenüber der Insel Kwale ausgeschifft zum Schutze der Einwohner und der Telegraphenleitung gegen die Aufständischen. In Samanga wurden zwei Detachements, sowie Oberleutnant zur See Sommerfeldt und 40 Mann zum Schutze der zeitweise zerstörten Telegraphenleitungen ausgeschifft. Der Bussard hat das Süddetachement ausgetauscht und in Zansibar seine Kohlen ergänzt; er wird heute abend nach Kondutschi und Bueni gehen, weil dort Unruhen sind. Der Gesundheitszustand ist durchweg gut. Vom Grafen Götzen liegen seit dem bereits veröffentlichten Telegramm vom 5. Oktober weitere Meldungen nicht vor.
Der Berl. Lok.-Anz. meldet aus Dar-es-Salaam: Hauptmann Nigmann erreichte Mathenge. Die in Mathenge und in Iringa zusammengezogenen Kompagnien zersprengten die einschließenden Eingeborenen. Auch die Aufständischen in der Gegend von Kindju wurden zersprengt. Matrosen halten Kindju besetzt.


Scan der Originalseite auf dem Server der UB-Freiburg

Freiburger Zeitung, Nr. 241, 14.10.1905, 1. Blatt, 2. Seite

Aus Afrika.

Kapstadt, 13. Oktober. Hier verlautet, in Deutsch-Südwestafrika seien im Kampf gegen Morenga in der Nähe von Warmbad ein deutscher Offizier und 6 Mann gefallen und 8 verwundet. Die Hottentotten hätten ein deutsches Lager erobert. (?)


Scan der Originalseite auf dem Server der UB-Freiburg

Freiburger Zeitung, Nr. 241, 14.10.1905, 2. Blatt, 2. Seite

Kunst, Wissenschaft, Literatur.

(...)

Aus zuverlässiger Quelle erfährt die Deutsche Med. Wochenschr., daß Robert Koch, der sich Anfang September in Amani (Deutsch-Ostafrika) aufhielt, von da einen Abstecher nach Entebbe am Viktorie-Nyanza unternommen hat, um dort seine Trypanosomen-Studien zu vervollständigen. Anfangs Oktober hofft er wieder an der Küste zu sein, um die Heimreise anzutreten. Am 19. Oktober wird er voraussichtlich in Neapel landen.


Scan der Originalseite auf dem Server der UB-Freiburg

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