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Presse-Dokumentation:

Vortrag von Hauptmann Maximilian Bayer im Harmoniesaal über den Krieg gegen Herero und Nama in DSWA; 205 Getötete Afrikaner in DOA

Freiburger Zeitung, 10.04.1906, 1. Blatt, S. 1f.

Deutsch-Afrika. Aus Ostafrika. Aus Dar-es-Salaam, 7. April, wurde gemeldet: Hauptmann Hassel meldet, daß er die Wapogoro der Loremboroebene zum drittenmale bekämpfte, und ihnen einen Verlust von 205 Toten beibrachte. Bei dem Posten Kibata, wo Leutnant Schön steht, wurden die Hauptanführer Ngomire aus Tawa und Matengura aus Mtingusbi, gefangen eingebracht.

Politische Tagessschau.

Ueber den Krieg in Südwestafrika und dessen Folgen für die Kolonie sprach am Samstag abend im großen Saale der Harmonie vor einer aufmerksamen Gemeinde Herr Hauptmann Bayer von der Südwestafrikanischen Schutztruppe. Der Vortragende, eine hochgewachsene, schlanke, männlich schöne und sympathische Erscheinung in kleidsamen Schutztruppenuniform, weilte 2 ½ Jahre in der Kolonie, er trat im Februar 1903 als Generalstabsoffizier mit dem Stabe des Marineexpeditionskorps die Ausreise an, trat in der Kolonie, im März 1904 zum Stabe des Generals Leutwein über und war Okahandja mit Formierung der gegen die Hereros bestimmten Abteilung betraut, jener Abteilung, die dann am 9. April bei Onganjira unter Leutweins Führung einen der bedeutendsten Siege gegen die Hereros erfocht und eine der schönsten Waffentaten des Krieges vollbrachte. An diesem und den sich anschließenden Gefechten nahm Hauptmann Bayer teil. Später trat er in den Generalstab der Abteilung des alten bewährten Afrikaners v. Estorff über und nach dem Eintreffen des Generals von Trotha wurde er sofort in dessen Hauptquartier berufen. Hier blieb er fünfviertel Jahr lang als Generalstabsoffizier, machte in dieser Stellung das Gefecht von Hamakari (Waterberg) und die sich daran anschließende anstrengende Verfolgung in das wasserarme Sandfeld mit. Später (März 1905) ging Hauptmann Bayer mit dem Hauptquartier nach dem Süden gegen die Witbois. In Keetmannshoop ereilte ihn der Typhus, den er zwar glücklich überstand, der aber doch im Verein mit den Strapazen und Entbehrungen eines anderthalbjährigen Krieges im September 1905 seine Rückkehr in die Heimat notwendig machte. So hatten wir am Samstag abend Gelegenheit, einen der besten Kenner des Krieges in Südwestafrika zu hören. Es war ein Genuß, den frischen, anschaulichen Schilderungen des tapferen Offiziers, eines gewandten Redners, zu folgen, der seinen Vortrag lebendig zu gestalten wußte und auch kernigem, unverwüstlichem Soldatenhumor Raum ließ.

Herr Hauptmann Bayer gab einleitend seiner Freude darüber Ausdruck, daß man hier in der Heimat für unsere Südwestafrikaner doch ein wärmeres Herz und mehr Interesse habe, als die wackren Kämpfer draußen annähmen. Die Entstehungsursache für den Hereroaufstand fand Redner in Uebereinstimmung mit der Auffassung der kriegsgeschichtlichen Abteilung des Großen Generalsstabs hauptsächlich in dem Rassenhaß der Neger begründet, während alle anderen Gründe wie angeblich schlechte Behandlung, die Händlerfrage usw. nur untergeordneter Natur seien. Die Opfer, die wir an Menschenleben und Geld gebracht, seien nicht nutzlos. Redner erwartet bei der zweifellos vorhandenen aethiopischen Bewegung mit der Parole „Afrika den Afrikanern“ über kurz oder lang einen allgemeinen Eingeborenenaufstand. Dabei würden wir dann nach der jetzigen gründlichen Unterwerfung der Hereros und Hottentotten einen besseren Stand haben, als die übrigen europäischen Nationen in Afrika, denen dann besser bewaffnete und besser organisierte Gegner gegenüber stehen würden.

Der erste Teil des Vortrages behandelte die Ereignisse in Damara-Land, den Siegeszug der Kompanie Franke, den Entsatz von Windhuk, Okahandja, und Omaruru mit den sich daran anschließenden Gefechten am Waterberg und der Verfolgung des Feindes in die Wüste Kalahari. Der Redner verstand es meisterlich, sowohl in knappen Zügen den Verlauf dieses Hererofeldzuges zu schildern, als auch die Art des Kampfes, die Natur der Gegend, den Charakter des Gegners, sowie die Bravour und Manneszucht unserer Truppen den Zuhörern in lebendigster Weise vor Augen zu führen. Mit erhobener Stimme erzählte er von dem Mut und der Tapferkeit, der eisernen Disziplin und Ausdauer unserer deutschen Soldaten. Den Höhepunkt bildete die lebendige Schilderung des vom frühen Morgen bis zum Abend dauernden Gefechts von Onganjira unter General Leutwein, wo 850 Deutsche mit glänzendem Erfolge gegen einen zehnfach überlegenen Gegner - 8000 Herero - kämpften.

Der zweite Teil des Vortrags hatte den Aufstand der Witbois im Süden der Kolonie zum Gegenstand. Im März 1905 rückte das Hauptquartier nach Niederwerfung der Hereros dorthin ab. Nach Ansicht des Redners dürfte die Kraft auch dieses ganz unzeitig unternommenen Aufstandes bis zum Herbst vollends gebrochen sein und dann einem verhältnismäßig schnellen Aufblühen der Kolonie nicht mehr im Wege stehen. Die zahlreichen, freiwillig im Lande zurückbleibenden Angehörigen der Schutztruppe werden dabei ein wesentlicher Faktor sein. Das Land, das weniger für den Ackerbau, vorzüglich aber für die Viehzucht geeignet ist, verheißt allen denen, die mit Fleiß und Tatkraft ans Werk gehen, reichen Lohn. In Zukunft läßt auch der Bergbau lohnenden Gewinn erhoffen. Die zurückbleibenden Bekämpfer des Aufstandes, die das Land von Grund aus [sic!] kennen und lieben gelernt haben, werden im Verein mit den dem Gemetzel entronnen älteren Farmern bald dafür sorgen, daß die der Kolonie gebrachten Opfer an Gut und Blut nicht umsonst gewesen sind. Begeisterter langanhaltender Beifall dankte Herrn Hauptmann Bayer, der nachher seine Ausführungen durch eine Reihe guter interessanter Lichtbilder ergänzte und illustrierte. Die Photographien sind vom Redner selbst aufgenommen.

Wir hätten gewünscht, daß der Saal bis zum letzten Plätzchen besetzt gewesen wäre, damit möglichst viele sich des genußreichen Abends zu freuen hätten. Es wäre wohl zweckmäßig gewesen, wenn die Kolonialgesellschaft, die hier ein etwas stilles Dasein führt und zu wenig bekannt ist, zu dem Vortrage speziell auch die Militärvereine eingeladen hätte. Dann würde auch der Wunsch des Herrn Univ.-Professor Dr. Michael, der die Erschienenen namens der Gesellschaft begrüßte, weitere Kreise mit den Zielen und Aufgaben der Kolonialgesellschaft bekannt zu machen, gewiß auf fruchtbaren Boden gefallen sein. Wir nahmen gehobenen Herzens Abschied von dem wackeren Redner dessen Schlußworte noch lange in uns nachklingen werden: „Vor allem hat der Krieg der Welt gezeigt, daß deutsche Offiziere und Soldaten noch zu kämpfen und zu sterben verstehen.“


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