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Bericht: Vortrag von Generalleutnant Deimling über Deutsch-Südwestafrika

Freiburger Zeitung, 17.01.1911, 1. Morgenausgabe, Seite 2

Vortrag über Deutsch-Südwestafrika. Herr Generalleutnant v. Deimling, der bekannte Oberbefehlshaber im südwestafrikanischen Feldzuge, hielt gestern abend im Paulussaale vor einer dichtgedrängten Zuhörermenge einen sehr interessanten Vortrag über Südwestafrika. Er gliederte seine Ausführungen in die Abschnitte Land und Leute, Kriegsepisoden und Wert und Nutzen der Kolonien. Wenn man zu Schiff in Swakopmund oder Lüderitzbucht ankomme, so mache das Land einen sehr trübseligen Eindruck, der durch die Einförmigkeit des scheinbar endlos sich ausbreitenden Wüstencharakters der Küstengegend hervorgerufen werde. Jedoch werde das Innere des Landes von einem bis zu 1200 Meter sich erhebenden Hochplateau gebildet, das zwar sehr wasserarm, aber keineswegs vegetationslos, vielmehr mit Gräsern und Sträuchern, an manchen Stellen auch mit Bäumen bewachsen sei. Eine Regenzeit gebe es hier nur von Weihnachten bis Ostern, in welcher Zeit an einigen Tagesstunden Niederschläge erfolgten. In der übrigen Zeit des Jahres aber brenne die afrikanische Sonne mit unerträglicher Glut von stets wolkenlosem Himmel. Nichtsdestoweniger sei das Klima der Kolonie, die 1 1/2 mal so groß als das gesamte Deutsche Reich ist, namentlich für Lungenleidende infolge seiner überaus trockenen Luft außerordentlich bekömmlich. Lungenleiden, Katarrhe usw. gebe es infolgedessen hier nicht, und man könne darum auch mit einem Taschentuch mehrere Wochen auskommen. (Lebhafte Heiterkeit.) Für die Zukunft sei es vielleicht sehr zweckmäßig, hier Lungenheilstätten zu errichten. Leider aber erzeuge die trockene dünne Luft fortwährend Durst und so komme es, daß die Farmer übermäßig dem Alkohol zusprächen, was nur den herzkrankheiten Vorschub leiste. Die weißen Afrikaner nennen eine Exportkiste mit einem Inhalt von 48 Flaschen Bier, wie sie dort in den Handel gebracht werde, "ein Schächtelchen mit Bier". (Heiterkeit.) Völlig unzulänglich seien die Wasserverhältnisse, was namentlich während des Aufstandes durch jegliches Fehlen des lebenspendenden Naß oft zu den schwersten Kalamitäten geführt habe. Infolge des allenthalben wuchernden dichten Buschwerks, das jede Orientierung unmöglich mache, habe sich mancher deutsche Reiter schon verirrt und sei elendiglich verschmachtet. Der Boden Südwestafrikas sei außerordentlich fruchtbar, er bedürfe nur einer ausreichenden Bewässerung. Kartoffeln sowie Gemüse aller Art gediehen prächtig. Sehr viel zur Erschließung des Landes sei durch die Eisenbahnliunien geschehen, für deren Bau anfangs im Reichstage so wenig Sympathie vorhanden gewesen sei. Was den landschaftlichen Charakter der Kolonie anbelange, so dürfe man sich nicht unter Südwestafrika ein langweiliges, wüstes Land vorstellen; es gebe dort Gegenden von sehr großer Schönheit, wovon eine Reihe wohlgelungener Lichtbilder die Zuhörer auch überzeugte.

Der Redner ging dann des Näheren auf die Lebensweise der verschiedenen Völkerstämme der Kolonie ein, die sich hauptsächlich aus den Ovambos, den Hottentotten, den Damaras und den Hereros zusammensetzten. Die Ovambos stellen die Arbeitskräfte für den Farmer, allerdings nur kurze Zeit, etwa für vier Monate im Jahr, nach welcher Zeit sie wieder in ihre Heimat abzögen. Da jedoch der Arbeitermangel im Lande sehr groß sei, so bedürfe die Anwerbung der Leute dringend der gesetzlichen Regelung. Auf die Hereros, die Urheber der Unruhen, kam der Redner ausführlicher zu sprechen. Sie seien ein verwegenes, listiges und grausames Volk und hätten namentlich an den gefallenen und verwundeten deutschen Soldaten unerhörte Grausamkeiten verübt, indem sie ihnen z.B. die Augen ausbohrten, die Glieder abschnitten, ihnen bei lebendigem Leibe das Genick umdrehten und was dergleichen Scheußlichkeiten mehr seien. Die Hottentotten sähen aus wie Japaner, seien sehr intelligent und ihre Führer (Kapitäne) hätten sogar eine gewisse Bildung und sprächen sehr gut deutsch.

Ein ebenfalls interessantes Kapitel bildeten die Episoden aus dem Kriege, die der Redner erzählte, die teilweise schon populär geworden und in fast allen Werken über den Aufstand verewigt sind. Insgesamt habe der Krieg an Toten oder Verwundeten 184 Offiziere und 2175 Mann gefordert. Taktische Lehren habe der Krieg nicht ergeben, da er eben ein Kleinkrieg war, dessen Strategie nicht auf unsere hiesigen Verhältnisse in Anwendung gebracht werden könne. Immerhin habe mit Stolz konstatiert werden können, daß die deutschen Soldaten noch der gleiche Geist beherrscht, wie vor 40 Jahren.

Den Schluß seiner Ausführungen machte der Redner mit einem Ausblick auf den Nutzen, den die Kolonie wohl bringen würde. Sie sei kein Land für den Ackerbau, aber umsomehr für die Viehzucht, die hier einen außerordentlich günstigen Boden fände. Zu einem Export würde es wohl nie kommen, das Land könne aber sehr wohl sich selbst ernähren. Es kämen noch die Bodenschätze, Kupfer und Diamanten, als wertvolle Produkte hinzu. Die Diamantenproduktion betrage jährlich 15-20000 Millionen Mark. Ferner hoffe man auch noch auf Kohlen fündig zu werden. So sehe nach seiner, des Redners, fester Überzeugung das Land einer gedeihlichen Entwicklung entgegen. Während früher das deutsche Volk nicht sehr von seinem Kolonialbesitz erbaut gewesen wäre, so habe heute das vergossene Blut deutscher Söhne die Bande zwischen der alten Heimat und der jungen Kolonie unzertrennlich fest geknüpft, zum Segen für beide Teile.

Brausender, langanhaltender Beifall folgte den vortrefflichen Ausführungen des verdienten Redners, der, wie er auch zu Anfang seiner Rede mit einer gewisen Genugtuung erwähnt, ein "alter Freiburger" ist. - Bei dem erfreulich starken Besuch des hochinteressanten Vortrags dürfte für das in Kamerun zu gründende Genesungs- und Wöchnerinnenheim ein hübsches Sümmchen zusammengekommen sein. Der geschätzte Redner, der den Ertrag diesem Zwecke zugesprochen hat, verdient darum besonderen Dank. Neben dem Interesse für die Sache hat gewiß auch die Persönlichkeit des Vortragenden, dem die Sympathien weiter Kreise der Bürgerschaft gehören, so große Anziehungskraft ausgeübt.


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