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Presse-Dokumentation:

Vortragsankündigung: Kapitänleutnant Hellmuth v. Mücke in Freiburg; Vortragsbericht: Lettow-Vorbeck: Der Krieg in Deutsch-Ostafrika

Freiburger Zeitung vom 25.10.1927, 1. Morgenausgabe, S. 4

Mücke kommt!
Emden u. Ayesha
Kapitänleutnant Hellmuth v. Mücke
der berühmte Seeheld spricht morgen Mittwoch, 26. Okt., abends 8 Uhr im Paulussaal über kühne abenteuerliche Fahrten unter Vorführung zahlreicher Lichtbilder u. Films.
Preise: Mk. 1.-, 1.50, 2,-. Studierende und Schüler Ermäßigung, jedoch nur an der Abendkasse. – Vorverkauf
Max Liebers Musikhaus.


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Freiburger Zeitung, 25.10.1927, 2. Abendausgabe, S. 2

Lettow-Vorbeck: Der Krieg in Deutsch-Ostafrika

General von L e t t o w - V o r b e ck hatte sich bereit erklärt, auf Einladung der Kolonialen Arbeitsgemeinschaft am Montag abend in Freiburg zu sprechen. Die Erinnerung an unsere ehemalige, blühende, stolze Kolonie und der Name ihres bis zum Schluß ungeschlagenen Verteidigers von Lettow-Vorbeck hatten genügt, um den Paulussaal bis zum letzten Platze zu füllen. Im Namen der Kolonialen Arbeitsgemeinschaft richtete Oberstleutnant a. D. Knecht herzliche Begrüßungsworte an die Erschienenen und führte aus, daß man aus zweierlei Gründen den Vortrag veranstaltete: Einmal, um unserer tapferen Askaritruppe und allen Kolonialkriegern, die sich für Deutschlands Ehre unter deutscher Flagge vier Jahre lang heldenmütig gegen eine erdrückende Uebermacht schlugen und bis zum Schluß den Mut nicht verloren, zu danken. Redner erinnerte besonders an zwei Schlachten, die unauslöschlich mit ehernen Lettern im Buch der Geschichte verzeichnet sind: Die Schlacht bei Tanga am 3. und 4. November 1914, in der die Uebermacht der Engländern so erdrückend war, daß das Verhältnis 1 : 10 stand, und die den Auftakt zu dem Kolonialkrieg bildete, und an die Schlacht von Mahiwa, wo 6000 Engländer gegen 1500 Deutsche standen. Die Führerkunst Lettow-Vorbecks hat in beiden Schlachten der deutschen Sache zum Sieg verholfen. Zum Zweiten gilt es, dem pessimistischen Geraune entgegenzutreten, das neuerdings sich breitmacht. Wir müssen mit aller Entschiedenheit immer wieder in aller Welt darauf hinweisen, daß wir ein Recht auf Kolonialbesitz haben. Die anderen Völker haben erkannt, daß ein wirtschaftlicher Aufbau ohne Deutschland nicht möglich ist und daher müssen wir auch mit allem Nachdruck darauf hinarbeiten, w i e d e r K o l o n i e n z u e r h a l t e n. Es liegt uns fern, die Kolonien mit Kanonen zu erobern, diese Zeit ist endgültig vorbei, dafür müssen wir unsere ethische Macht zur Geltung bringen. Aber nicht nur einzelne Organisationen, sondern das ganze deutsche Volk müssen hinter diesem Gedanken stehen. Die Freunde, die wir uns durch vorbildliche koloniale Arbeit bei der eingeborenen Bevölkerung erworben haben, sind der beste Beweis, wie man den Deutschen in den Kolonien s ch ä tz t, und der Krieg hat deutlich gezeigt, wie fest die Eingeborenen zu uns hielten. Zum Schluß dankte Oberstleutnant Knecht Herrn General von Lettow-Vorbeck, daß er wieder einmal den Weg nach Freiburg gefunden habe, um uns etwas über unsere ehemalige Kolonie und über die Kämpfe während des Weltkrieges zu erzählen. – Als General von Lettow-Vorbeck das Rednerpult bestieg, da klang ihm lauter Beifall entgegen und mit Spannung lauschte man seinen Worten. Schlicht, sachlich und ohne überflüssige Ausschmückung erzählte der tapfere Schutztruppengeneral von den Ereignissen und Begebenheiten in der Kolonie Deutsch-Ostafrikas während des Krieges. Er kam zunächst auf die ungleiche Kräfteverteilung zu sprechen Deutschland zog mit 2400 Mann ins Feld und erst nach und nach gelang es, die Stärke der Truppe durch Anwerbung von Schwarzen usw. auf 14 000 Mann zu erhöhen. Der Gegner hatte in Ostafrika 3 0 0 0 0 0 Mann stehen und gegen diese Uebermacht hat sich die kleine deutsche Truppe v i e r J a h r e l a n g g e s ch l a g e n. Auf deutscher Seite hatte man nur wenig Vorbereitungen auf einen Krieg getroffen. Die Gewehre waren alten Modells, 1916 wurde die Bewaffnung knapp und die Munition ging zu Ende. Im Gegensatz dazu war der Feind mit allen technischen und modernen Kriegsmitteln auf das Beste versehen. Die Deutschen waren also durchaus nicht auf Rosen gebettet, trotzdem haben sie Taten vollbracht, die in aller Welt B e w u n d e r u n g erregten. Der Krieg erst hat gezeigt, welcher Reichtum in der Kolonie steckt und ihre Leistungsfähigkeit übertraf alle Vorstellungen, die man sich in Friedenszeiten von ihr machte. An einer Reihe vorzüglicher Lichtbilder vermittelte Redner zunächst einen Ueberblick über Lan dund [sic!] Bewohner. Wir haben wildreiche Baum- und unendlich weite Grassteppen und erlebten all die Schönheiten und Reize des Landes. Lettow-Vorbeck ist ein begeisterter Jäger, kennt jedes Tier der Steppe und plauderte von Streifzügen, Jagdabenteuern, nächtlichen Lagererlebnissen, von der Erhabenheit des schneebedeckten Kilimandscharos und weiten Märschen im tropischen Hochland in einer Art und Weise, die mitreißen und begeistern mußte. Auch die Rassenmerkmale der eingeborenen Bevölkerung die in dem Deutschen den F r e u n d und B e s ch ü tz e r sah, wurden uns erklärt. Der Redner ging dann auf die Kriegserlebnisse über. Trotz der schlichten Worte wurde jedem Zuhörer klar, welche Opfer an Heldenmut und Treue zum Vaterland jeder Angehörige der Truppe brachte Lebhafter Beifall unterbrach den Redner, las [sic!] er die Anhänglichkeit der Trägerkolonnen schilderte, die jahrelang o h n e einen Pfennig Entschädigung für Deutschland arbeiteten, und die trotz aller Entbehrungen und aller Not unerschütterlich fest zu ihrem General hielten. Während die Truppe des Gegners schwer beweglich war, bestand die deutsche Macht fast nur aus Fußgängern, war sehr leicht beweglich, konnte heute hier und morgen dort auftauchen und führte so einen ständigen B u s ch k r i e g, der den Gegner zermürbte und ihn zur Verzweiflung brachte. Auf Gewaltmärschen von 30–60 Kilometer pro Tag sorgten die schwarzen Träger für Nachschub und mit dem geringen Fahrmaterial (Lettow-Vorbeck verfügte während des ganzen Feldzuges nur über 5 Autos) und der mangelhaften Artillerie wurde die Riesenaufgabe bewältigt. Trotz seiner Unterlegenheit lieferte Lettow-Vorbeck dem Feind Schlachen [sic!], in denen ganze englische Divisionen aufgerieben wurden, in endlosem Kleinkrieg wußte er immer wieder die Schwäche des Gegners zu erspähen. Heldenmütig schlug sich so die kleine Schar und unverzagt gab jeder Mann sein Bestes. Fern von der Heimat, abgeschnitten von allem Nachschub an Lebensmitteln, Medizin, Munition usw. war die Truppe auf sich selbst gestellt. Beispielslos [sic!] war die Tapferkeit der A s k a r i s. Ist es nicht ein rührendes Zeugnis der Treue und Anhänglichkeit zum deutschen Reich, wenn ein alter eingeborener Feldwebel in heißer Schlacht plötzlich aus der Deckung geht, stehend weiter schießt und auf die Aufforderung, sich doch zu decken, antwortet: „Der deutsche Kaiser hat mir 25 Jahre lang pünktlich meinen Lohn bezahlt, heute will ich einmal für ihn fallen. Durch die immer erdrückender werdende Uebermacht des Feindes und durch Mangel an jeglichem Kriegsmaterial wurde die Lage schließlich k a t a st r o p h a l. Am 17. November 1917 waren die Deutschen völlig eingeschlossen, die Patronen waren fast bis zum letzten Rest verschossen und niemand sah mehr einen Ausweg. Da entschloß sich von Lettow-Vorbeck, die Kranken und Abgekämpften dem Feinde zu übergeben, er selbst stieß mit einer kleinen Kerntruppe von 300 Weißen, 1700 Schwarzen und etwa 3000 Trägern durch die feindliche Umklammerung und ging auf portugiesisches Gebiet.
Bei dem Uebergang über den R o w u m a wurden die Deutschen von lebhaftem Feuer empfangen, die Portugiesen hatten sich in der Feste R g o m a n o verschanzt. Mit seinen letzten Kräften griff der General an, schlug den Feind vernichtend und eroberte soviel Kriegsmaterial und Proviant, daß die trübe Verzweiflung mit einem Ruck wieder verflogen war. Die Deutschen waren nun wieder erstklassig ausgerüstet und beunruhigten den Feind auf zahllosen Streifzügen durch Ueberfälle und Gefechte. Man ging jetzt mit der richtigen Taktik vor, den Feind überraschend zu überfallen und an Beute zu nehmen, was nur zu nehmen war. Selbst englische Aerzte wurden gefangen, und da fast keine deutschen Aerzte mehr bei der Truppe waren, konnten sie sich nützlich machen. So ging es kreuz und quer durch die ganze Kolonie. Am 18. November marschierte man „mit fliegenden Fahnen“ in die britische Kolonie und rüstete gerade zu einem neuen Schlage gegen die Engländer, als die niederschmetternde Nachricht vom W a f f e n st i l l st a n d kam. Zähneknirschend mußten die ungeschlagenen Deutschen die Waffen strecken und in einem K o n z e n t r a t i o n s l a g e r ihren Rücktransport nach der Heimat abwarten. Im Januar 1919, nach mehrmonatiger Fahrt, erreichten die 120 weißen Soldaten der Schutztruppe wieder Europa und hielten ungeschlagen und unbesiegt ihren Einzug durchs Brandenburger Tor. Die erbeuteten feindlichen Gewehre hatten die Feinde dem tapferen Gegner be-


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Freiburger Zeitung, 25.10.1927, 2. Abendausgabe, S. 3

lassen, alle 120 Mann waren mit feindlichen Gewehren ausgerüstet. Die abgerissenen Uniformen erzählten von den jahrelangen Kämpfen in der glühenden Steppensonne, unter unmenschlicher Not und Entbehrung. Wenn die Schutztruppe auch unter dem Druck der Verhältnisse die Waffen strecken musste, so war sie doch stolz in dem berechtigten Bewußtsein, bis zum l e tz t e n A u g e n b l i ck i h r e P f l i ch t g e t a n z u h a b e n. Der Geist der Truppe lebt in uns weiter und einmal wird der Tag kommen, da Deutschlands Banner wieder stolz in den deutschen Kolonien weht. Die S ch w a r z e n haben uns nicht vergessen und warten auf den deutschen Kolonisten, der die Schätze des Landes erschloß, den schwarzen Mann zum Menschen machte und ihm ein ehrlicher, offener und treuer Freund und Beschützer war.
ta.


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