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Die Restitution der Herero- und Nama-Schädel von Deutschland nach Namibia - Eine Bildergalerie

von Joachim Zeller, November 2011 (letzte Aktualisierung 19.11.2011)

Seit hundert Jahren lagern sie in der medizinhistorischen Sammlung des Berliner Universitätsklinikums Charité: menschliche Überreste aus den ehemaligen deutschen Überseekolonien. Nun wurden die ersten Gebeine zurückgegeben. Vom 26. September bis 3. Oktober 2011 weilte eine Delegation aus Namibia in Berlin, um 20 Totenschädel ihrer Vorfahren zurückzuholen. Die Delegation bestand aus mehr als 60 Teilnehmern, darunter Vertreter der Herero und Nama und der namibische Kulturminister Kazenambo Kazenambo. Die aus der Kolonie „Deutsch-Südwestafrika“, dem heutigen Namibia, stammenden Gebeine waren während des Kolonialkrieges von 1904-1908 entwendet worden und zu „rassekundlichen Forschungen“ nach Deutschland gelangt. Der Krieg gegen die Herero und Nama (aber auch gegen die Damara und San), der von der deutschen Kolonialarmee als Vernichtungskrieg geführt wurde, ist für viele Historiker der erste Genozid des zwanzigsten Jahrhunderts. Die angereisten Namibier zeigten sich allerdings sehr enttäuscht, da die Bundesregierung, vertreten lediglich durch eine Staatssekretärin, sich wieder einmal weigerte, eine Entschuldigung für die Kolonialverbrechen der Deutschen auszusprechen. Die Nachfahren der Opfer der deutschen Kolonialherrschaft warten schon seit vielen Jahren auf ein offizielles Schuldanerkenntnis. Außerdem fordern sie Reparationen. In der Charité und anderen deutschen Museumssammlungen lagern weitere Gebeine aus den damaligen Kolonien des wilhelminischen Kaiserreiches, die in den kommenden Jahren ebenfalls zurückgegeben werden sollen.

(Weitere Bilddokumente für die Bildergalerie sind willkommen.)

Einer der zwanzig Schädel, die an die Namibia-Delegation übergegeben wurde. Auf dem Schädel sind Nummern und die Wörter „Herero“ und „Bartels“ eingraviert. Paul Bartels war einer der Forscher, der „ rassenanatomische Untersuchungen“ an den Gebeinen durchgeführt hat. Heute werden solcherart Forschungen als Auswüchse einer pseudowissenschaftlich-rassistischen Anthropologie gesehen. (Foto: Joachim Zeller)

 

 

Flyer des "Ovaherero / Ovambanderu Council for the Dialogue on the 1904 Genocide", Berlin 2011. Der Flyer erschien anlässlich der Rückführung der 20 Herero- und Nama-Schädel von Berlin nach Windhoek Ende September, Anfang Oktober 2011.

 

 

Podiumsdiskussion „Zeugen des deutschen Genozids“ im Haus der Kulturen der Welt in Berlin am 28.9.2011. Zur Podiumsdiskussion hatte ein Aktionsbündnis von Nichtregierungsorganisationen geladen : AfricAvenir International, Afrika-Rat Berlin-Brandenburg, Afrotak.tv, Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag (BER), Berlin Postkolonial, Deutsch-Afrikanische Gesellschaft (DAFRIG) Berlin, Solidaritätsdienst International (SODI) in Zusammenarbeit mit dem August-Bebel-Institut Berlin und der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Auf dem Podium saßen neben den beiden Moderatoren Judith Strohm (AfricAvenir) und Yonas Endrias (Global Afrikan Congress) als Vertreter der Opferverbände: Katuutire Kaura (Ovaherero/Ovambanderu Council for the Dialogue on the 1904 Genocide), Hewat Beukes (Nama Technical Committee) und Festus Muundjia (Ovaherero Genocide Committee); als Vertreter der Parteien: Hans-Christian Ströbele (B90/Die Grünen), Niema Movasaat (Die Linke); kurzzeitig erschien auch Sascha Raabe (SPD). CDU und FDP hatten eine Teilnahme abgelehnt. Ebenso nahm kein Vertreter der deutschen Bundesregierung teil. (Foto: Joachim Zeller)

 

 

 

Eintrittskarte zur Podiumsdiskussion "Zeugen des deutsche Genozids" im Haus der Kulturen der Welt in Berlin am 28.9.2011.

 

 

Vertreter der Herero vor der Übergabezeremonie in der Berliner Charité am 30.9.2011. Dritter von links: Paramount-Chief der Herero Kuaima Riruako. (Foto: Joachim Zeller)

 

 

Herero-Parade vor der Übergabezeremonie in der Berliner Charité. Die Herero-Abordnungen paradierten in ihren Uniformen und traditionellen Gewändern. (Foto: Joachim Zeller)

 

 

Ansprache an die Toten. Das Ritual der Herero fand vor der Übergabezeremonie am Eingang der Berliner Charité statt. Im Hintergrund stehen auch Vertreter der Nama. (Foto: Joachim Zeller)

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Vertreter der Nama-Delegation verlesen vor der Übergabezeremonie in der Berliner Charité eine Resolution: Martha Theresia Stephanus (Mitte); Kaptein Johannes Isaak aus Berseba (links hinter M.T. Stephanus); Kaptein der Gai-//khaun von Hoachanas Petrus Koper (mit rotem Hut); Kaptein der !Aman von Bethanien Dawid Fredericks (mit Hut in den Händen); links der namibische Kulturminister Kazenambo Kazenambo. (Foto: Joachim Zeller)

 

Die Herero- und Nama-Delegation mit Presse-Vertretern und weiteren Besuchern vor der Übergabezeremonie am Eingang der Berliner Charité (30.9.2011). (Foto: Joachim Zeller)

 

 

Unterzeichnung des Vertrages zur Rückführung der Herero- und Nama-Schädel nach Namibia im großen Hörsaal der Berliner Charité am 30.9.2011. Der Vertrag wurde von Prof. Karl M. Einhäupl, Vorstandsvorsitzender der Charité, und Esther Moombolah-/Gôagoses vom Heritage Council of Namibia unterschrieben. Die Bundesregierung verweigerte die Unterschrift unter den Übergabevertrag, wie dies die Namibia-Delegation gewünscht hatte. Mangels gleichrangigem Gegenpart verweigerte der namibische Kulturminister Kazenambo Kazenambo daraufhin ebenfalls die Unterschrift. In den Sitzreihen haben die Vertreter der Namibia-Delegtaion Platz genommen. Auf den Stühlen vor dem Podium sitzen u.a. Cornelia Pieper (FDP), Staatsministerin im Auswärtigen Amt (Mitte), und der Kulturminister Kazenambo Kazenambo (rechts). (Foto: Joachim Zeller)

 

 

VertreterInnen der afrodeutschen und afrikanischen Diaspora in Deutschland protestieren während der Übergabezeremonie am 30.9.2011 gegen die Staatsministerin im Auswärtigen Amt Pieper, da sich die Rednerin weigerte, eine Entschuldigung für die Kolonialverbrechen der Deutschen auszusprechen. Auch aus dem Publikum kamen Buhrufe. Piper verließ nach ihrer Rede den Saal. (Foto: AFROTAK TV cyberNomads)

 

 

Gruppenbild der Namibia-Delegation nach der Übergabezeremonie. Rechts im Bild Ombara Alphons Maharero, der Supreme Chief der Ovaherero. (Foto: Joachim Zeller)

 

 

Gruppenbild einiger Mitglieder der Namibia-Delegation nach der Übergabezeremonie: Kaptein der Gai-//khaun  von Hoachanas Petrus Koper (rechts mit rotem Hut); Johanna Kahatjipara, Herero-Historikerin (zweite von rechts); Martha Theresia Stephanus (Mitte); Ida Hoffmann, Vorsitzende des Nama-Technical-Comittee (zweite von links); Herero-Chief Tjepene Keja (links). (Foto: Joachim Zeller)

 

 

Mitglieder der Delegation bei einem Stadtrundgang zu (post-)kolonialen Erinnerungsorten in Berlin, hier an der Afrika-Stele in der Wilhelmstraße 92. Die 2005 errichtete Afrika-Stele erinnert an die Kongo-Konferenz von 1884/85. Auf der Inschrift ist aber auch zu lesen : „Der Kolonialkrieg in Deutsch-Südwestafrika, den das Deutsche Reich von 1904-1908 gegen die Herero und Nama führte, endete in einem Völkermord.“ (Foto: Joachim Zeller)

 

 

Mitglieder der Delegation bei einem Stadtrundgang zu (post-)kolonialen Erinnerungsorten in Berlin, hier am U-Bahnhof „Mohrenstraße“ in Berlin-Mitte. S eit Jahren gibt es heftige Auseinandersetzungen um die Umbenennung der Straße und des U-Bahnhofes. Das M-Wort, so erfuhren die Teilnehmer der Stadtführung, ist heutzutage wegen seiner kolonial-rassistischen Bedeutung obsolet. (Foto: Joachim Zeller)

 

 

Mitglieder der Delegation am Namibia-Gedenkstein auf dem Garnisonfriedhof in Berlin-Neukölln. Vertreter von NGOs hatten ein Blumengebinde an dem Denkmal niedergelegt, deren Schleifen den Aufdruck trugen: „To the Herero and Nama Victims of the German Genocide in Namibia 1904-1908“. Die namibischen Gäste wurden darüber informiert, dass die Intervention des Auswärtigen Amtes dafür verantwortlich war, den Terminus Völkermord in der Inschrift des 2009 von der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln initiierten Namibia-Gedenksteins nicht zu verwenden . Aus diesem Grund bleibt die Inschrift des Gedenksteines sehr im Allgemeinen: „Zum Gedenken an die Opfer der deutschen Kolonialherrschaft in Namibia…“ (Foto: Joachim Zeller)

 

 

Namibischer Schädel unter wilhelminischer Kaiserkrone: Eine Tageszeitung berichtete am Freitag den 30. September 2011 auf ihrer Titelseite über die Übergabe der 20 Herero- und Nama-Schädel. Die Überschrift lautete: "Der verleugnete Völkermord". Hier ist die Zeitung vor dem Reichsadler und der Krone des wilhelminischen Kaiserreiches auf der Weidendammer Brücke (Friedrichstraße) in Berlin-Mitte zu sehen. (Foto: Joachim Zeller)

 

 

Die „Leiche aus dem Keller der Metropole“ kommt ans Licht der Öffentlichkeit: Die ARD-Tagesthemen berichteten am 5. Oktober 2011 über die Rückgabe der Herero- und Nama-Schädel. Das Presseecho war insgesamt recht gut, wenn auch des Öfteren wenig kritisch. (Foto: Joachim Zeller)

 

Ein vergessenes Kapitel deutsch-namibischer Beziehungen: Schon einmal war eine Delegation aus Namibia in Berlin, nämlich 1896 anlässlich der Ersten Deutschen Kolonialausstellung in Berlin-Treptow. Allerdings wurden die Herero und Nama aus dem damaligen Deutsch-Südwestafrika - die sich selber als Botschafter ihres Landes verstanden - den weißen Besuchern zur Schau gestellt. Auf dem Foto sind folgende Personen zu sehen: Josaphat Kamatoto, Martha Kamatoto, Friedrich Maharero, Titus Huaraca, Ferdinand Semuntja (alle Herero) und Petrus Yod, Daniel Volmik, Katharina Draghoener, Viytje Banku (alle Nama). (Bild: Theodor Leutwein: Elf Jahre Gouverneur in Deutsch-Südwestafrika, Berlin 1908 [3. Aufl.], S. 515)

 

Siehe auch:

Reinhart Koessler und Heiko Wegmann: Schädel im Schrank. Das düstere koloniale Erbe der deutschen Rasseforschung muss endlich aufgeklärt werden. Die Zeit

Andrew Zimmerman: An excerpt on the provision of human skulls from German-Southwestafrica by German scholars Mehr

Klaus Riexinger: Erbe des Rassenwahns. Nach Berlin will auch Freiburg Schädel aus der Kolonialzeit an Namibia zurückgeben (pdf, aus: "Der Sonntag", 02.10.2011) Mehr

Joachim Zeller: Reise in ein umkämpftes Terrain. Eine Delegation aus Namibia wird in Kürze in Berlin eintreffen, um die Schädel ihrer Vorfahren entgegenzunehmen. Mehr

aussereuropäische Schädelsammlungen in deutschen Archiven

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