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Presse-Dokumentation auf freiburg-postkolonial.de:

Vortrag von Prof. Dr. Pfister über Forstwirtschaft und Kolonialfrage im Rahmen der ersten süddeutschen forstlichen Hochschulwoche in Freiburg

 

Freiburger Zeitung, 18.10.1938, 1. Blatt, S. 4

Forstwirtschaft und Kolonialfrage.

Der Vortrag von Universitätsprofessor Dr. Pfister „Die deutsche Kolonialfrage unter besonderer Berücksichtigung kolonialwirtschaftlicher und kolonialforstlicher Probleme“ stellte einleitend das tragische Geschick des deutschen Volkes hinsichtlich seiner Kolonialunternehmungen heraus. Voraussetzung jeglicher Kolonialpolitik ist die nationale Einigung des kolonisierenden Volkes. Die Kolonisierung beginnt nämlich schon zu Hause! Weil es vom 16. bis Ende des 19. Jahrhunderts keinen deutschen Nationalstaat und kein politisches einheitliches Wollen der Heimat gab, fehlte uns Deutschen die Fähigkeit und Festigkeit, uns bei der Erwerbung und Verteilung der großen Kolonialgebiete der Welt zu behaupten. Hier wird uns die deutsche Zerrissenheit und die Dynastienwirtschaft in Deutschland in ihren für uns verhängnisvollen weltwirtschaftlichen Auswirkungen besonders überzeugend vor Augen geführt. Gewiß, es hat einzelne Männer gegeben, die wir stolz die Pioniere des deutschen Kolonialwesens nennen können, so einen Markgrafen von Hanau und noch mehrere andere, aber selbst ein Großer Kurfürst, der gefürchtete Herr Brandenburgs, war allein nicht mächtig und stark genug, Weltpolitik in Afrika auf die Dauer zu betreiben. Dasselbe gilt für den Kurfürsten Max von Bayern. Deutschland als solches war durch die Zerrissenheit ausgeschaltet für eine Kolonialpolitik, nicht aber das deutsche Volk, das durch die Auswanderung einen ungeheuren Blutverlust ertragen mußte. Der Staat war nicht in der Lage, seinen deutschen Söhnen draußen in der Welt den politischen Schutz zu gewähren. Die Deutschen da draußen dienten den anderen Völkern und gingen in ihnen auf. Von 1820 bis 1933 sind rund sechs Millionen Deutsche nach Nordamerika ausgewandert. Von 123 Millionen Einwohnern Nordamerikas sind 15 Millionen von deutschen Eltern, aber höchstens drei Millionen davon sprechen die deutsche Sprache.

Nach der Eingliederung Oesterreichs und des Sudetenlandes zum Mutterlande gehören heute von rund 105 Millionen Deutschen auf der Welt etwa 78 Millionen wieder zum Verbande des Deutschen Reiches. 105 Millionen Franzosen nennt auch Frankreich sein eigen, aber davon sind 53 Millionen Farbige. 500 Millionen Briten zählt das englische Imperium, aber 430 Millionen davon sind Farbige. Während des letzten halben Jahrtausends bis zur Machtübernahme des Nationalsozialismus war es nicht möglich, für die deutschen Auswanderer eine starke Heimat zu schaffen. Die inneren Voraussetzungen für die Errichtung eines deutschen Kolonialreiches schuf ein Bismarck fünf Minuten vor Toresschluß. Ein großer Fehler war es, daß Deutschland die Erschließung seiner Kolonialgebiete der privatkapitalistischen Initiative überließ. Diese Dinge würde es heute bestimmt nicht mehr geben. Durch die Täuschung mit den 14 Punkten Wilsons, durch die Erpressung mittels eines Vertrags von Versailles ging Deutschland seiner Kolonien verlustig, aber seinen Anspruch darauf hat es nicht aufgegeben. Wir dürfen dem Führer vertrauen, daß er auch auf diesem Gebiet Deutschlands Geschicke glücklich lenken wird.

Mit größtem Interesse wurden auch die kolonialforstwirtschaftlichen Darlegungen des Vortragenden aufgenommen. Ein ungeheuer reiches und dankbares Arbeitsfeld wartet auf den deutschen Forstwissenschaftler im Tropenwald.

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