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Ethnographische und Schädelsammlung von Friedrich Rosset aus dem Sudan in Freiburg eingetroffen

Freiburger Zeitung, Nr. 87 vom 05.06.1879 (Tagesausgabe), 2. Seite

Lokales

Freiburg, Ende Mai. Die im April ds. Js. in Nro. 84- 87 dieser Blätter besprochene Sammlung ethnographischer Gegenstände aus den Aequatorialgegenden Afrika’s, welche von dem unterdessen leider verstorbenen Zivilgeneralgouverneur von Darfur, Friedrich Rosset herstammt, ist endlich hier eingetroffen und zwar mit Ausnahme einiger Thierfelle in ziemlich wohl erhaltenem Zustande. Da zufolge Bestimmung des Geschenkgebers der Universität die erste Auswahl aus dem Ganzen gestattet ist, so wird durch diese Liberalität eines jungen Freiburger Bürgers das schon ziemlich reichhaltige ethnographische academische Museum einen sehr ansehnlichen Zuwachs erhalten, welchem ein großes völkergeschichtliches Interesse abzugewinnen ist und durch Veranlassung vergleichender ethnologischer Studien ein dauernder wissenschaftlicher Werth verbürgt wird. Nicht viele ähnliche Museen dürften sich einer so reichen Reihe solcher Objekte rühmen können.
Die durch diese Sendung vertretenen Negerstämme wohnen von Chartum (etwa 15° nördl. Br.) im Süden Nubiens bis an den Aequator und es sind in derselben vertreten:
Kriegsgeräthschaften, als Lanzen aller Art, zum Theil von enormer Länge, viele Köcher mit vergifteten Pfeilen, Streitschilder aus Holz, Geflechten, Nilpferdhaut, Keulen verschiedenster Form, darunter etliche aus Ebenholz, Schwerter, Dolche, ganz phantastische gestaltete Messer, originelle Kombinationen von Dolch und Signalhorn, Signalhörner aus Elfenbein und Leder.
Hausgeräthe: Bettstellen (sog. Angarep), Stühle, Kopfschemel, Eß- und Trinkgeschirre aus Thon und Holz, Trinkgefäße aus Früchten, welche zum Theil in überraschend hübscher Weise durch eingeschnittene Zierarten, ja sogar durch Thier- und Menschengestalten, wenn auch in höchst primitiver Darstellung geschmückt erscheinen; schön geflochtene, buntfarbige, breitconische Speiseschüssel-Decken, Schaufeln, die als Münze dienen, Phantasiestöcke, Kuchen aus Frucht, Honig, Tabak, gesottene Kaffebohnen, Decken aus Geflechten, Geweben, Baumrinden; ein Steinbeil.
Kleidungsstücke und Schmuckgegenstände, als Leibgürtel aus Geflecht, zum Theil mit Schellen behängt, eiserne Stirnbänder, Kopfbedeckungen aus Geflecht, zierlich mit Cauris- Schnecken und Glasperlen geschmückt, Colliers aus solchen Cauris, die zugleich als Münze (Cypraea moneta) große Verbreitung haben, Colliers aus flachgeschnittenen Muschelschälchen, Hundszähne, Antilopenhörnchen, ferner aus Früchten, zum Theil zugleich mit kleinen Metallschellen besetzt; Pfeifenköpfe, theils gewöhnlicher Art, theils mit eigenthümlich gestalteten Röhrenmundstücken.
Musikinstrumente, zum Theil höchst merkwürdige Formen, z.B. Harfen aus Leder mit Schnüren statt Saiten, Guitarren aus Leder mit langem Hals aus Holz, an dessem oberem Ende ein Kopf ausgeschnitzt ist, ganz eigenthümliche Pauken aus ausgehöhltem Holz, eine Trommel – einigermaßen ähnlich der früher bei unserer Militärmusik in Gebrauch gestandenen langen spanischen Trommel.
Von Menschenresten lag eine Anzahl Schädel verschiedener Negerstämme bei.
Aus diesem Ueberblick ist wohl ersichtlich, daß es durch die von der Universität zu treffende Auswahl möglich sein wird, die Lebensverhältnisse der betreffenden Negerstämme nach den verschiedensten Richtungen vertreten zu sehen, nachdem aus ebendenselben Gegenden schon früher auch durch Herrn Carl W. Rosset hier eine Anzahl ähnlicher schöner Gegenstände dahin geschenkt wurde, während die altegyptische Zeit durch die großen Ankäufe aus den Vorräthen des Hrn. Mook u.s.w. vielseitig repräsentirt ercheint.
Bedauerlich ist nur bei alle dem, daß der für die Ausstellung vorerst einzig als verwendbar aufgefundene Raum höchst ungeeignet und ungenügend ist, so daß es z.B. nicht so leicht als andernfalls unter günstigeren Umständen möglich wird, gleich auf den ersten Blick aus der mächtigen Länge der Speere und Bogen nebst den zugehörigen schweren Schildern der Schilluk-Neger den naheliegenden Schluß auf ihre Statur und Körperkraft zu ziehen, während die kleinen Speere, Bogen und Pfeile des Zwergstammes der Tiki-Tiki entsprechend auf ihren zarten Körperbau hinweisen.
Uebrigens hat die Bevölkerung Freiburgs der seit mehreren Jahren am Sonntag von 11-12 Uhr (mit Ausnahme der Wintermonate) unentgeltlich geöffneten ethnographische Sammlung der Universität durchaus seine Beachtung geschenkt und sah sich in Folge dessen die Direction veranlaßt, den unentgeltlichen Besuch ganz einzustellen.
Wenn demnach die neuen Zugänge in dem unmittelbar an das ethnographische Museum sich anschließenden – als Nothbehelf dienenden – Raum einmal geordnet sind, so wird es eben denjenigen, welchen etwa die Lectüre der fortschreitenden Entdeckungen und Reisen das Interesse für solche Gegenstände näher legte, noch durch Vermittlung des Museumsdieners möglich werden, Einsicht davon zu nehmen.


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Übersicht:

  • Ernennung des Freiburgers Friedrich Rosset zum ägyptischen General-Gouverneur von Darfur, Freiburger Zeitung, 06.09.1878, Artikel
  • Friedrich Rosset - Über den aus Freiburg stammenden ägyptischen General-Gouverneur von Darfur (Teil 1), Freiburger Zeitung, 09.04.1879, Artikel
  • Friedrich Rosset - Über den General-Gouverneur von Darfur (Teil 2), Freiburger Zeitung, 10.04.1879, Artikel
  • Friedrich Rosset - Über den General-Gouverneur von Darfur (Teil 3), Freiburger Zeitung, 11.04.1879, Artikel
  • Friedrich Rosset - Über den General-Gouverneur von Darfur (Teil 4), Freiburger Zeitung, 13.04.1879, Artikel
  • Ethnographische und Schädelsammlung von Friedrich Rosset aus dem Sudan in Freiburg eingetroffen, Freiburger Zeitung, 05.06.1879, Artikel