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Der Freiburger Kolonial-Offizier und Autor

Wilhelm Winterer

Audio-Beitrag vom 13.2.07:

Propaganda von Kolonialoffizieren nach ihrer Rückkehr nach Freiburg: Die Beispiele Max Knecht und Wilhelm Winterer (6:19 Min., 6 MB) Anhören

 

 

Einiges erinnert in Freiburg an den Politiker der prokolonialen Nationalliberalen Partei und langjährigen Oberbürgermeister Otto Winterer, so etwa die Wintererstraße im Stadtteil Herdern. Sein Sohn Wilhelm Winterer (21.9.1879 - 29.6.1969) war nicht nur Gründer eines Freiburger Schachclubs, sondern auch Offizier der „Kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika“. Winterer trat laut Wehrpass am 17.06.1907 im Rang eines Leutnants in die Schutztruppe ein - also gegen Ende des verheerenden Maji-Maji-Krieges -, und schied am 01.05.1913 aus der Schutztruppe aus. Auf seinem Grabstein steht allerdings "Schutztruppe Deutsch-Ostafrika 1908-1912" (s.u.). Laut amtlichem Deutschen Kolonialblatt trat Winterer die Ausreise nach Ostafrika am 15.07.1907 von Neapel aus an. Er kämpfte im Ersten und im Zweiten Weltkrieg und stieg in der Hierarchie zum Hauptmann, Major, Oberstleutnant und schließlich zum Oberst auf.

Winterer

Foto: Wilhelm Winterer in Schutztruppenuniform, Vorlage: Stadtarchiv Freiburg, M7092/392, keine ungenehmigte Nutzung erlaubt.

Wilhelm Winterer war - wie auch andere Kolonialoffiziere - einer der bedeutenden Förderer des zu Kolonialzeiten gegründeten Freiburger Museums für Natur und Völkerkunde (Adelhauser Museum), indem er ethnografische und naturkundliche Ausstellungsstücke aus Deutsch-Ostafrika beisteuerte. Diese Gegenstände befinden sich noch heute fast alle im Museum (siehe dazu Dürrenberger 1995).

In der Zeit zwischen den Weltkriegen hielt Dr. Winterer, der 1915 als Historiker promoviert hatte, Lichtbildervorträge über Deutsch-Ostafrika und nahm bei Paraden seines Freiburger Stammregiments 113 stolz in der Schutztruppen-Uniform teil. Er engagierte sich in der Ortsgruppe Freiburg des Deutschen Kolonialkriegerbundes (DKKB), dessen Kameradschaftsführer er von 1936-38 war.

Für seine kolonialrevisionistische Propaganda gründete der Literaturliebhaber eigens den Afrika-Verlag in Freiburg, in dem 1923 sein Roman „Werben und Sterben. Ein Traum aus Deutschostafrika“ erschien (Rezension folgt). Der erste Teil des Buches wurde Anfang 1914 abgeschlossen, der zweite 1922. Im Vorwort zur ersten Auflage klärt Winterer bereits über seine zugrundeliegenden verklärenden Absichten auf: „Es war nicht meine Absicht, lediglich einen Tropenroman zu schreiben. Vielmehr möge das Buch ein bescheidener Beitrag sein zum Ehrendenkmal unserer heldenhaften Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika und der treuen Bewohner der unvergesslichen Kolonie." Leben konnte er von dem 1942 eingestellten Verlag wohl nie und es ist nicht bekannt, dass außer seinem Roman dort noch etwas anderes verlegt worden wäre. Er gab als Berufsbezeichnung allerdings selber meist "Inhaber des Afrika-Verlages" an.

Cover 1 Cover der 1. Auflage (Scan: H. Wegmann)

Im Oktober 1925 fügte er aus Anlass der zweiten Auflage hinzu: „Zu unser aller aufrichtigen Genugtuung kann aber festgestellt werden, dass die Erinnerung an unsere paradiesischen Kolonien wachgeblieben ist und das Interesse für alles, was sich auf sie bezieht, sich in allen Schichten des deutschen Volkes stark vermehrt hat. (…) ist es die Hauptaufgabe des Werkes, den deutschen Kolonialgedanken aufrecht zu erhalten, ihm neue Anhänger zu werben und die Liebe an unsere herrlichen Kolonien, die ihre einstige Blüte einzig und allein nur deutschem Fleiß und deutscher Zuverlässigkeit zu verdanken hatten, bei jung und alt zu pflegen. Was uns zur Zeit wider göttliches und menschliches Recht geraubt ist, muss wieder in die Hände der rechtmäßigen Besitzer zurückkehren.

Cover 2 Cover der 2. Auflage (Scan: H. Wegmann)

Zu der vom Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund im November 1933 organisierten Marine- und Kolonialwoche hielt er keine Distanz. Im Gegenteil, wie z.B. das NS-Blatt "Der Alemanne" am 20.11.1933 berichtete, nahm "Major a. D. Winterer, ein alter Kämpfer aus Deutsch-Ostafrika" an der mit "Bildern des Volkskanzlers geschmückten" Eröffnungsveranstaltung teil. Im Folgenden führte er "ihre königlichen Hoheit Großherzogin Hilda" persönlich durch die begleitende Ausstellung im Colombi-Schlössle. "Die hohe Frau, die durch Herrn Major Dr. Winterer und Herrn Benartz durch die Räume geführt wurde, hat sich über das Dargebotene außerordentlich lobend ausgesprochen - Es ist zu hoffen, daß die lehrreiche Ausstellung auch im Interesse unserer Schulen um eine Woche verlängert wird." (Freiburger Zeitung vom 24.11.1933).

1935 war Winterer verantwortlich für die Kolonialausstellung, die in der städtischen Festhalle parallel zur großen Bundestagung des Reichs-Kolonialbundes stattfand (siehe Zeitungsberichte unten und Heiko Wegmann: "Die 'Große Deutsche Kolonialausstellung' in der städtischen Festhalle von Freiburg i.Brsg.). In einem Artikel in der Freiburger Zeitung schrieb er aus diesem Anlass: "Es bleibt vielleicht nur noch übrig, ein Wort gegenüber vielen Zweiflern auszusprechen, die nicht an den Wiedergewinn unserer eigenen Kolonien glauben wollen. Sie wähnen, daß unser Führer, Adolf Hitler sich dem Kolonialgedanken gegenüber ablehnend verhielte. Ein großer Irrtum! Hitler hat schon am 11. Februar 1933 zu einem Vertreter der 'Sunday Expreß' geäußert: Es gibt eine große Menge Dinge, die Deutschland aus den Kolonien beziehen muß, und wir brauchen Kolonien genau so nötig wie irgend eine Macht! Aehnlich sprach er auch bei späteren Anlässen. Wir dürfen unbedingt das feste Vertrauen in unseren Führer und Reichskanzler setzen, daß er das Kolonialproblem, dessentwegen wir keinen Tropfen Blut verlieren werden, anschneiden wird, sobald er die Zeit hierfür für geeignet erachtet. Diese kann die Reichsregierung besser beurteilen als wir, da wir doch keinen Ueberblick über unsere Außenpolitik haben. Verdoppeln wir unsere Kenntnisse kolonialer Sachgebiete, dann erleichtern wir auch unserem Führer sein schweres Amt. Die beste Gelegenheit hierzu ist der Besuch der großen Kolonialausstellung in Freiburg i. Br., über die an anderer Stelle schon geschrieben worden ist. Es wird eine solche Unmenge hochinteressanter Ausstellungsgüter gezeigt, daß jeder unzweifelhaft einen gewissen Einblick in die Wichtigkeit und Notwendigkeit unserer kolonialen Bestrebungen erhalten wird!" (17.6.1935).

Winterer-Grab 1 Foto: Heiko Wegmann 2007

Obwohl Winterer nach seiner Zeit in Deutsch-Ostafrika noch aktiv an beiden Weltkriegen teilnahm, scheint der koloniale Gedanke zeitlebens sein bestimmendes Motiv geblieben zu sein. Auf seinem Grabstein im Winterer-Familiengrab auf dem Freiburger Hauptfriedhof wird denn auch einzig seine Schutztruppen-Tätigkeit hervorgehoben.

Winterer-Grab 2 Foto: Heiko Wegmann 2007

Über Dr. Wilhelm Winterer wird an dieser Stelle noch ausführlicher berichtet werden, da er eine der zentralen Figuren des Kolonialismus und Kolonial-Revisionismus in Freiburg war.

Heiko Wegmann, 21.07.2006 ( zuletzt aktualisiert 20.04.2011)

Literatur / Quellen

  • Lichtbildervortrag von Dr. Wilhelm Winterer über " Land und Leute in Deutsch-Ostafrika", am 30.04.1924 im Hörsaal 1 der Uni, siehe Bericht Freiburger Zeitung, 02.05.1924

  • Bericht des Vereins ehem. Kolonialkrieger und Kolonialdeutscher, Freiburg. i. Br.: Koloniale Fahnenweihe unter Beteiligung von Kriegerverbänden und mit Festreden von Keßler von der Kreisleitung der NSDAP sowie Dr. Winterer, Kolonial-Post, 28.07.1933. Artikel

  • Dürrenberger, Edgar: Freiburg und Afrika, in: Als Freiburg die Welt entdeckte. 100 Jahre Museum für Völkerkunde. Stadt Freiburg i. Br. (Hg.), Freiburg 1995, S. 90-108 Artikel
  • Wegmann, Heiko: Das Colombi-Schlössle und die Freiburger Marine- und Kolonialwoche von 1933 Artikel
  • Winterer, Wilhelm: Werben und Sterben. Ein Traum aus Deutschostafrika Freiburg i. B., Afrika-Verlag 1923 bzw. 1925² (4.-6. Tausend)
  • Winterer, Wilhelm: Auf Büffel- und Elefantenjagd in Ostafrika, in: Josef Viera (Hg.): Exotische Jagdabenteuer aus aller Welt. Enßlin & Laiblins Verlagsbuchhandlung Reutlingen 1927
  • Winterer, Wilhelm: Der Gehenkte, Fortsetzungsroman in: Jambo, August 1931, S. 211ff. und September 1931, S. 259ff.
  • Winterer, Wilhelm: Eine Entdeckungsfahrt mit Abenteuern, Fortsetzungsroman in: Jambo, Jg. 1933, S. 51-61, 83-91 und 113-115.
  • Winterer, Wilhelm: Aus der deutschen Kolonialgeschichte, Freiburger Zeitung, 16.6.1935 (Teil I) und 17.6.1935 (Teil II). Artikel (ca. 700 kb)

Zeitungsberichte zu den von Winterer betreuten Kolonialausstellungen

  • "Eröffnung der Marine- und Kolonial-Ausstellung", Der Alemanne, 20.11.1933. Artikel
  • "Freiburger Marine- und Kolonialausstellung", Freiburger Zeitung, 20.11.1933. Artikel
  • Großherzogin Hilda auf Kolonial-Ausstellung und Filmwerbung: "Das wahre Gesicht Afrikas", Freiburger Zeitung, 24.11.1933. Artikel
  • "Die Kolonialtagung und Kolonialausstellung in Freiburg", Freiburger Tagespost, 17.05.1935, Artikel
  • "Vor der Eröffnung der Kolonialausstellung", Freiburger Zeitung, 16.06.1935, Artikel
  • Eröffung der Kolonialausstellung, Freiburger Zeitung, 17.06.1935, Artikel
  • "Noch ein Gang durch die Ausstellung: Wunder der Kolonien", Freiburger Zeitung, 23.06.1935, Artikel
  • "Das Institut für ausländische und koloniale Forstwirtschaft" Tharandt auf der Freiburger Kolonialausstellung, Freiburger Zeitung, 01.07.1935, Artikel
  • "Abschluss der Kolonialausstellung", Der Alemanne, 08.07.1935. Artikel
  • Abschluß der Kolonialausstellung, Freiburger Zeitung, 09.07.1935, Artikel
  • "Die Bundestagung in Freiburg" (des Reichskolonialbundes), Kolonial-Post, 23.07.1935. Artikel

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